Japan Teil 1 – im Land der tausend Schreine

on

05.02.2018 – Japan begrüßte uns mit warmem Sonnenschein und ließ die kalten Temperaturen (knapp über dem Gefrierpunkt) erträglich erscheinen. Von unserer Autovermietung wurden wir vom Bahnhof Narita abgeholt und nach ca. 2h Papierkram und Erklärungen übernahm Thomas das Steuer unseres Campervans – da es einer recht teuren Übersetzung des Führerscheins bedurfte hatten wir uns zuvor entschieden, dass nur Thomas in Japan fahren würde. Nicht ganz so einfach, denn in Japan herrscht Linksverkehr und die Straßen sind ungewöhnlich eng, selbst wenn man die schon schmalen europäischen Straßen gewohnt ist. Das Lenkrad also auf der rechten Seite – aber zum Glück ein Automatik-Auto, somit musste man nicht noch die Schaltung mit der anderen Hand bedienen. Da es schon dunkel wurde als wir losfuhren und wir eh an Schlafmangel litten kamen wir zunächst nicht weit – wir hielten auf dem ersten Rastplatz: einem Mich-no-eki (meist mit WLAN und Waschräumen ausgestattet) um zu schlafen. Noch unbedarft schalteten wir während der Nacht die Standheizung aus und erwachten am nächsten Morgen als Eiszapfen – danach ließen wir diese immer auf der untersten Stufe die ganze Nacht laufen. Diese Standheizung war echt ein wahrer Segen – obwohl bestimmt die Hälfte unseres Sprits dafür draufging – egal, Hauptsache warm.

Unsere Reiseroute in Japan führt uns 12 Tage lang auf der japanischen Hauptinsel Honshu von Tokio aus nach Westen über den Berg Fuji und bis ins alte Zentrum Japans (Kyoto und Nara). Anschließend geht es wieder, teilweise durchs Bergland zurück nach Tokio. Bei der Reiseplan haben uns unser Kumpel „Specht“ und seine Freundin (beide studierte Japanologen und riesige Japan-Fans) geholfen – einen großen Dank an der Stelle für die tolle Planung.

Dass der Camper nicht das ideale Reisemittel in Japan ist machte sich schon am nächsten Tag bemerkbar: denn in Tokio herrscht Parkplatzmangel und so entschieden wir uns das Auto in einem Vorort abzustellen – eine Endstation der Tokyo Metro Line (U-Bahnlinie) – und in 1h Fahrzeit waren wir auch schon im Stadtzentrum (immerhin gab es geheizte Sitze – super bei dem nass-kalten Schmuddel-Wetter). Das Tokioer Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln ist übrigens für Touristen ein Graus. Toll ist zwar, dass alle Stationen auf Englisch angesagt werden und auch alle Ausschilderungen auf Englisch sind – aber es gibt zwei verschiedene U-Bahn-Gesellschaften, zwei verschiedene S-Bahn-Gesellschaften und bestimmt auch noch mehrere Busgesellschaften die alle gleichzeitig Tokio bedienen und deren Tickets untereinander nicht kombinierbar sind. Bis man da kapiert hat was der beste Tarif ist und welche Bahn man jetzt fahren kann, vergeht einige Zeit. Es gibt zwar Tickets die für alle Gesellschaften gelten, die sind aber wiederum recht teuer. Da das Bahnpersonal am Schalter kein Englisch kann, ist man da auch recht auf sich allein gestellt. Wir entschieden uns für ein Tagesticket von Tokyo Metro und konnten damit immerhin auf dem größeren der beiden U-Bahn-Netze fahren.

In Tokio angekommen schauten wir zunächst den mitten in der Stadt gelegenen Kaiserpalast an, doch größtenteils kann man hier nur den Garten bewundern, der eigentliche Palast wurde nach einer Zerstörung nicht wiederaufgebaut. Auch der Meji Jingu Schrein liegt von einer Grünfläche abgeschottet als ruhige Insel im Stadtgewimmel. Als Besucher muss man den waldähnlichen Park zunächst in gewundenen Pfaden durchschreiten, bis man zum Heiligtum gelangt. Wer sein Gebet / Bitte vorbringen will muss zunächst mit Wasser seinen Mund und die Hände reinigen. Danach wirft man eine Münze in einen Kasten und muss ein vorgegebenes Ritual aus Klatschen und Verbeugen absolvieren – an touristischen Orten wie diesem gibt’s extra nochmal eine genaue Anleitung dafür, nicht das sich jemand noch verklatscht.

Vor den Toren des Tempels beginnt die Takeshita Doori – eine bunte Einkaufsstraße mit schrägen Anziehsachen: von Gothic bis Kätzchen-Druck. Aber entgegen unserer Vorstellung ist nichts davon sonderlich günstig, eher im Gegenteil – zum Glück für Thomas verzichtete Franzi daher auf ausgedehntes Shopping. Zum Schluss noch ein Besuch der berühmten und belebten Shibuya Kreuzung – hier liefen wir mit jeder Menge Fußgänger einmal Kreuz und quer drüber und freuten uns hier nicht mit dem Auto langfahren zu müssen.

Das Wetter ist auch am nächsten Tag nicht besser und so fahren wir einfach weiter in Richtung des berühmtesten aller japanischen Berge: Fuji. Nachdem wir gefühlte 5h durch Tokio gefahren sind wurde es danach leider nicht besser, da die Höchstgeschwindigkeit auf japanischen Landstraßen bei 60km/h liegt – meist darf man aber noch langsamer fahren. So wurde aus der vermeintlich kurzen Fahrt ein Tagesausflug. Hinzu kam dass es in den höheren Lagen schneite bzw. schon viel Schnee lag der auf den kleinen Bergstraßen kaum geräumt war – so fuhr man lange auf kompletter Schneedecke. Glücklicherweise hatte unser Camper Winterreifen: denn wir sahen wie sich vor uns ein Auto auf der Straße am Hang drehte und es nicht schaffte nach oben zu fahren. Am Kawaguchiko See angekommen, von dem aus man eigentlich einen super Blick auf den Fuji hat, konnten wir wegen tiefhängender Wolken leider noch nichts von ihm sehen, besuchten aber dafür den Fujiomurosengen Schrein: den ältesten der Gegend. Der Schnee umhüllte die Tempel, Steinfiguren und Lampen mit einem dicken Mantel und durch die Breite der Spuren sahen wir, welcher Tempel am beliebtesten war. Es sind insbesondere diese Schreine und Tempel, von denen wir im Rest der Reise noch gefühlte 1000 weitere anschauen, die einem sehr deutlich werden lassen, dass wir jetzt in einer ganz anderen, uns völlig unbekannten Kultur gelandet sind.

Am nächsten Morgen reißen die Wolken endlich auf und wir wollen auf den Berg Tenjo steigen, um von dort einen tollen Blick auf den Fuji zu haben (man kann im Sommer auch auf den Fuji steigen, ist aber eine längere Tour). Es gibt zwei Möglichkeiten auf die Spitze des Tenjo Berges zu gelangen: zu Fuß oder mit der Seilbahn, natürlich wählten wir die Wanderroute. Zum Glück waren wir nicht die Ersten und so konnten wir in den schon bestehenden Fußspuren durch den ca. 30cm hohen Schnee stapfen. Wir wurden mit sonnigem Wetter und tollen Ausblicken auf den Fuji belohnt. Danach ging es zur Chureito Pagode, diese ist durch ihre markanten Dächer und den tollen Blick auf den Fuji ein beliebter Ausflugsort und Fotomotiv – es gab sogar WLAN direkt an der Pagode um sofort seine Bilder zu versenden.

Unser nächstes Ziel Kioto hatten wir ebenfalls noch nach „normalen“ Fahrgeschwindigkeiten auf Landstraßen geplant und so kam es, dass wir nach einem halben Tag Autofahren auf Landstraßen schließlich aufgaben und auf die kostenpflichtige Autobahn wechselten. Wobei die Autobahn in Japan eher einer Landstraße in Deutschland gleicht – so darf man auch nur max. 100 km/h fahren (oft auch nur 80) aber hat das Glück keine Ampeln zu haben. Dieser Luxus ist nicht umsonst, wir zahlten umgerechnet rund 30€ für 130km und waren damit für den Rest der Reise bedient – da fahren wir doch lieber ewig aber kostenlos durch die Pampa. Liebe Kinder und lieber Herr Verkehrsminister Dobrindt: wenn ihr einmal ein Straßensystem eines Landes entwerft, dann baut es so dass man zügig und günstig von A nach B kommt – sonst kann man es auch lassen. Immerhin können wir uns dank gesparter Zeit durch die Autobahn noch den Chion In Tempel in Kyoto anschauen. Da wir auf einem kostenlosen Waldparkplatz stehen kommen wir quasi durch die Hintertür auf das Tempelgelände und sehen zunächst einen gewaltigen Gong – wenn dieser erklingt hört das vermutlich die gesamte Stadt. Neben einem wie auf einer Postkarte anmutenden Tempel mit davorliegendem Teich und Steinbrücke steht eine riesige Stahlhalle – zumindest auf den ersten Blick: denn darunter verbirgt sich ein Tempelgebäude was gerade renoviert wird. Nimmt man den eigentlichen Haupteingang zur Tempelanlage darf man ein riesiges Tor durchschreiten und danach den Hügel über ebenso überdimensionierte Stufen erklettern – schon komisch, da die Japaner vermutlich früher nicht größer waren als heute.

Nach der anstrengenden Autofahrt gönnen wir uns unseren ersten Besuch in einem „Japanischen Spa“ – einem Onsen, was meist eine Badeeinrichtung ist die eine heiße Quelle als Wasserlieferanten nutzt und in Japan sehr verbreitet ist. Im Inneren gibt es für Männer und Frauen getrennte Bereiche und so machen wir aus uns nach 1h wieder zu treffen. Unsere Erfahrungen waren hierbei interessanterweise unterschiedlich, da auch die Ausstattung teils unterschiedlich war. Gleich war, dass man sich bevor man in eines der Becken steigen darf erstmal gründlich waschen muss, hierbei sahen wir jedoch etwas unbeholfen aus, hatten wir doch nur pro Person eine Shampooflasche mit – Japaner haben da eher ihr komplettes Waschset und zudem extra Waschlappen: wie soll man dagegen bestehen? Franzi verbrachte ihre Zeit im heißen Wasserbecken wohingegen Thomas verschiedene Becken ausprobierte, unter anderem eines mit rückgradbrechenden Stromschlägen (verrückt!), aber da war er nur kurz drinnen. Eine unglaublich heiß eingestellte Sauna mit einem Fernseher auf dem eine Doku über japanische Wasserfälle lief gab es auch noch. Am Ende waren wir Beide auf jeden Fall mehr als sauber und dank der heißen Wassertemperaturen gut aufgewärmt – ein wohl unvergleichliches Badeerlebnis. Man ist übrigens komplett nackt in einem Onsen – daher auch die Geschlechtertrennung.

Es war mal wieder so weit, das Sportevent des Jahres stand bevor und wir wollten es unbedingt anschauen – der Superbowl – das Endspiel der amerikanischen Footballsaison. Und so fanden wir uns durch die Zeitverschiebung Montagmorgen 8 Uhr in einem Irish Pub in Kyoto mit weiteren Sportenthusiasten – alles Touristen – zusammen und verbrachten einen spannenden Morgen. Leider gewann zwar nicht unser Team, aber immerhin hatten wir bei den Tischnachbarn mehr Glück: Ein Schweizer direkt aus Basel und ein Paar aus Bad Säckingen (grad 20km von unserem Wohnort) stammend machten eine lustige Tischgesellschaft – die Welt ist mal wieder ein Dorf, da treffen sich 5 Leute aus dem Raum Lörrach völlig zufällig in Kyoto zum Superbowl am gleichen Tisch.

Den restlichen Tag nutzten wir um zu Fuß Kyoto zu erkunden. Los ging die Runde mit dem To Ji Tempel, der neben imposanten Holzhallen vor allem mit seiner mehrstöckigen Pagode beeindruckte. Die Nishi Hongashi Tempelanlage wurde als Gründungssitz einer bestimmten religiösen Richtung erbaut und war von Tempelgebäude bis umgebender Zaunanlage reichlich mit Holzschnitzereien verziert. Vom Kaiserpalast konnten wir leider bis auf die umgebenden Mauern nichts sehen. Der Palast liegt in einem öffentlich zugänglichen Parkgelände, aber jetzt im Winter konnten wir den weiten Kieswegen umgeben von eintönigen Bäumen nicht viel abgewinnen und gingen lieber wieder zurück ins Stadtleben. Viel zu bestaunen gab es in der Nishiki Marktstraße – einem bunten Sammelsurium von Holz FlipFlops bis zu Tintenfisch am Spies. Vor allem beim Essen gab es vieles was wir überhaupt nicht identifizieren konnten – aber auch das wurde gekauft (aber nicht von uns). Etwas ruhiger ging es im Gion Quartier zu, aber nur weil es hier breitere Straßen und weniger Läden gab. Das Quartier sollte das Stadtbild des alten Japan wiederspiegeln, wir sahen vor allem jede Menge Geishas die Selfies machten. Später fanden wir hierfür die Lösung: Kimonoverleihe lassen Frauen wie auch Männer in die verschiedenfarbigsten Stoffe schlüpfen und mit dem passenden Makup und Accessoires konnte jeder für ein paar Stunden in die glanzvolle Vergangenheit eintauchen – und wie wir sahen war das ein sehr beliebter Zeitvertreib.

In Kyoto war es auch, dass wir das Essen mit Essstäbchen unfreiwilligerweise für uns entdeckten. In den sehr beliebten Convenience Stores kann man zu recht günstigen Preisen u.a. Ramen-Nudeln im Becher kaufen und dank bereitgestelltem heißem Wasser auch gleich zubereiten. Als Besteck gibt es dazu aber eben nur Essstäbchen und so mussten wir notgedrungen die Japaner nachahmen und auch mit Stäbchen essen. Wir halten Messer/Gabel/Löffel zwar immernoch für die deutlich überlegeneren Essbestecke, aber es ist an sich garnicht so schwer mit den Stäbchen zu essen und man fühlt sich der Kultur doch gleich etwas mehr verbunden.
Essen und Essen einkaufen war auch generell ein kulturelles Erlebnis. Auf den allermeisten Produkten war der Inhalt nur in Kanji-Zeichen beschrieben und trotz Google-Translator haben wir einige absurd schmeckende Dinge gekauft, aber auch Vieles was richtig lecker geschmeckt hat. Eine unserer Empfehlungen wären frische Bambussprossen: die sind (im Vergleich zu den sonst eher teuren Lebensmitteln) sehr günstig und kann man prima als kleinen Snack essen. Ebenso jegliche Arten von Ramen-Nudeln, sehr zu empfehlen. Und da kann man auch gleich seine Essstäbchen-Künste ausprobieren.

Dank einem Foto im Reiseführer kamen wir noch zu einem ganz besonderen Ort: dem Fushimi Inari Schrein bzw. Anlage – hier kann man entlang eines Hügels durch tausende orange Tore schreiten. Wenn wir es richtig verstanden haben steht auf jedem Tor ein Gebet und dadurch dass man hindurch schreitet, wird es gebetet – wie praktisch. Wir waren jedenfalls fasziniert von den großen und kleinen Toren – dazwischen gab es kleinere Anlagen mit extra Tempeln oder besonderen Gebetsstätten. Es gab auch ganz kleine Tore, die man an einer Säule festgebunden hat und die man auch als Tourist kaufen konnte. In Deutschland spendet manch einer eine Parkbank und befestigt seine Plakette daran – hier stiftet man ein großes Holztor. Die Anlage wird beschrieben als „1000 Holztore“ – wir haben sie nicht gezählt, aber die Zahl 1000 ist sicherlich eine Untertreibung. Der ganze Wald ist eigentlich voller Tore, dicht an dicht, überall nur Tore – kilometerlang.

Mit Kyoto als westlichstem Punkt unserer Reise ist quasi eine Hälfte der Japanreise schon vorbei – aber es warten noch einige Besonderheiten auf uns auf dem Weg zurück nach Tokio.

Kommentar verfassen