Neuausbau Teil 1 – Planung, Böden, Wände und Fenster

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Frühjahr 2020 – Für 3 oder 4 Wochen Urlaub steckt man mal so einiges weg, da ist einiges egal. Pinkeln im Wald, Duschen im Freien, alles umbauen und umklappen um nachts schlafen zu können: kein Problem, wenn man nur 3 Wochen weg ist. Auf einer wirklich langen Reise jedoch, merkt man wie man Annehmlichkeiten vermisst. Nicht alles, aber doch so Manches. Ich habe lange die Rentner im Unimog, Steyer 12M18 und Co. belächelt. Bodenheizung, Waschmaschine und Gefriertruhe. Wer braucht sowas? Die Karre kostet mehr als ein normales Einfamilienhaus, zwar 60cm Bodenfreiheit, aber um die Kurve im Gebirge kommste nicht rum und nen Parkparkplatz findest du sowieso nicht. Daher dann hinten noch das Moped oder Quad drauf.

Mittlerweile verstehen wir die Fahrer solcher Fahrzeuge – denn wer wirklich lange reist, der ist nicht mehr im Urlaub, sondern der lebt auf Reisen. Und da wo man lebt, da will man es gemütlich haben. Und so stellten auch wir fest dass uns an unserem Daily einige Sachen störten und dass wir für die nächste lange Reise „unbedingt“ 😊 Folgendes noch brauchen

  • Ein festes Bett und eine feste Sitzgruppe: damit man immer ins Bett gehen kann wenn man will, der eine eher, der andere später – und damit man über Nacht Zeug auf dem Tisch stehen lassen kann – wie in einer Wohnung eben
  • Eine zweite Sitzreihe, falls sich die Anzahl der Passagiere mal erhöht 😊
  • Wärmedämmung für Gefrierpunkt-Temperaturen
  • Standheizung
  • Warmwasser-Erzeugung
  • ca. 300 Watt Solarstrom

Wir durften schon in einigen Blogs von Menschen lesen, die genau an diesem Punkt standen: wir lieben das lange Reisen, aber wir brauchen mehr Komfort. Manche haben sich für eine Nummer größer im Fahrzeug entschieden – wir nicht, wir haben uns für einen Komplettumbau entschieden. Alles raus, alles neu. Wahnsinn.

Über den Neuausbau haben wir lange nachgedacht. Unser Fahrzeug ist wirklich klein – es ist hoch, aber sehr kurz. Wenn man all diese Sachen unterbringen will, dann muss das Raumkonzept gänzlich anders werden als bisher – und wahrscheinlich verlieren wir Stauraum. Irgendwo muss der Platz für den Komfort ja herkommen.

Und das ist nun unser Plan:

  • Alles Rausreißen, bis auf wenige Sachen wird alles neu
  • Trennwand zwischen Fahrerbereich und Wohnbereich komplett raustrennen (bisher war nur ein Durchgang reingesägt)
  • Decken, Wände und Böden mit ca. 4cm Dämmung (Armaflex) dämmen – dazu erhöhter Bodenaufbau notwendig
  • Decken und Wände mit dünnen Sperrholzplatten (weiß lasiert) verkleiden
  • Zwei Wohnmobil-Ausstellfenster hinten in der Schiebetür und gegenüber einfügen
  • Fahrersitz drehbar
  • Weitere Sitzbank hinter den Fahrer, dazwischen ein Tisch (klapp-, schieb- und entfernbar), damit eine richtige Sitzgruppe entsteht
  • Jeglicher Stauraum ist unter dem Bett, das Bett dadurch deutlich höher als vorher
  • Küchenblock bleibt in etwa gleich
  • „Schaltzentrale“ für Elektrik in Hängeschrank über der Küche
  • Fast alles in Schubladen, statt in Fächern und Boxen
  • Wassertank (150L) und Abwasser (40L) bleiben
  • Diesel-Standheizung (von Autotherm / TigerExped)
  • Warmwasser über Boiler durch den die Warmluft der Standheizung geht (gibt’s auch von TigerExped, war aber grad ausverkauft, daher von Truma genommen)
  • 3 Solarpanels, neue Batterie, stärkeren Solarregler
  • Flache LED-Spots in der Decke
  • Alle Geräteschaltungen per Relais gesteuert (muss man weniger dicke Kabel durchs Auto ziehen und kann vielleicht später per Mikroprozessor gesteuert werden)

Ein riesen Haufen Arbeit. Ursprünglich war geplant, dass wir in 2020 mal keinen Wohnmobilurlaub im Sommer machen. Stattdessen 2 Wochen Thailand über Ostern und dann im Sommer das Fahrzeug ausbauen. Ein Virus war bekanntlichermaßen von diesem Plan nicht so überzeugt, so viel der Thailand-Urlaub aus und wir mussten den Ausbau bis zum Sommer fertig haben – denn statt Thailand sollte es nun doch wieder mit Wohnmobil losgehen. Und nach so viel Text, hier endlich die Bilder vom Ausbau und ein paar Erklärungen dazu 😊

Bodenteppich und Schweißarbeiten
Als erstes haben wir einige recht komplexe Rostlöcher zugeschweißt und danach ging es an den Bodenbelag im Fahrerhaus. Hier lag ein völlig zerstörter Kunststofffußboden drin, der uns schon lange genervt er – der muss raus – Ersatz war nicht beschaffbar, also haben wir uns solchen Nadelfilz gekauft der sonst auch in Autofußböden verbaut ist und haben ihn in mühevoller Kleinarbeit an die Konturen, Schraubenlöcher und Schalthebel angepasst.

Drehkonsole
Um den Fahrersitz drehbar zu machen, wird zwischen Sitzbock und Sitz eine Konsole eingebaut, die aus zwei gegeneinander drehbaren Platten besteht. Nach langer Suche und einigen Anpassungen, war es schließlich möglich die Konsole zu verbauen. Das Drehen des Sitzes ist zwar mit ein bisschen Hin und Her verbunden, aber selbst ohne Öffnen der Tür möglich.
Durch einen Zufall fand ich bei einem slowenischen Händler noch einen neuen Schaltbalg (der alte war gerissen) und so sieht jetzt der vordere Bereich des Fahrzeugs wieder einigermaßen schick aus.

Alles raus
Vielleicht der schmerzhafteste Moment: alles was wir über die letzten Jahre mühsam ge- und eingebaut haben, kommt wieder raus. Schrank, Küche, Bett, Sitzgruppe und der komplette Boden: alles kommt raus. Der Daily sieht aus, als ob er nie die Welt gesehen hätte.
Bei der Gelegenheit wird einmal geputzt und viele Stellen auch mal neu lackiert. Auch die Trennwand flexen wir fast komplett raus, sodass wir mithilfe der Drehkonsole den vorderen Bereich mit nutzen können. Es entsteht so ein tolles Raumgefühl, man hat viel mehr Platz, trotz des kurzen Fahrzeugs.
Nachteilig ist, dass wir nun bei Verschiffungen den Wohnbereich nicht mehr verriegeln können – so ist alles was hinten drin ist nicht mehr sicher.

Boden und Wände
Das Fahrzeug wird komplett mit ca. 40mm Armaflex XG gedämmt. Das Zeug ist teuer, aber hält halt gut warm – ab 40mm kann man das Fahrzeug auch für Wintercamping verwenden. Um das auch am Boden zu gewährleisten, bauen wir ein Gerüst aus Latten. Dazwischen wird gedämmt und obendrauf kommt eine 8mm Sperrholzplatte als Boden – im Wohnbereich dann noch zusätzlich Laminat.
Und der mit einer Hassliebe verbundene Teppich der noch vom Vorgänger an die Decke geklebt war, kommt endlich runter.

Ein Loch ins Auto schneiden? Fenster!
Vielleicht der heikelste Teil: wir bauen links und rechts im Wohnbereich ein Fenster ein. Dazu müssen wir mit der Stichsäge entsprechende Ausschnitte in die Außenhülle des Fahrzeugs sägen. Das muss stimmen – wenn man zu viel wegsägt wirds großer Mist – man hat nur einen Versuch. „Measure twice, cut once“ hat John immer gesagt. Wir haben definitiv mehr als nur „twice“ nachgemessen. Letztlich hat alles gepasst und die Dinger sind drin.
Die Fenster heißen Dometic S4, kosten ca. 400 EUR pro Stück und haben ein integriertes Isolierrollo, ein Fliegengitter und sind ca. 70 Grad ausstellbar. Auch wieder viel Geld, aber die Teile sind wirklich praktisch, die Investition lohnt sich.

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