Nicaragua – vom Surfen auf Wellen und Vulkanen

21.12.2017 – Das Land ist geografisch durch seine beiden Küsten geprägt – auf der karibischen Seite hat sich der Tourismus nicht festsetzen können und dementsprechend ist auch so gut wie nichts los. An der westlichen Küste entlang reihen sich dafür die Touristenbadeorte und im Landesinneren warten Vulkane mit verschiedenen Aktivitäten. Durch die Strecke El Salvador – Honduras sind wir am westlichsten Grenzübergang Nicaraguas rausgekommen und so entschieden auch wir uns für diese Küstenseite. Zunächst fuhren wir wieder nach Norden – zum Naturschutzgebiet Vulkan Cosigüina: aber was genau hier das Parkgebiet sein sollte erschloss sich uns nicht. Auf einer sehr holprigen Dreckpiste fuhren wir einmal entgegen des Uhrzeigersinn um den Vulkan herum. Neben der Straße reihten sich ärmlich anzuschauende Hütten aneinander und man schien nie aus diesem endlosen Dorf heraus zu kommen. Am Ende schafften wir es noch nicht einmal an den erhofften einsamen Strand – die Straße war teilweise abgerutscht und bot keinem Auto mehr genügend Platz. Aber das kümmert die hiesige Bevölkerung natürlich nicht, fuhren doch hier selbst vierköpfige Familien auf einem Motorrad umher (=alle vier auf einem). Auch der Zugangsweg zum Kratersee des Vulkans war selbst für unser Auto zu unkenntlich und so fuhren wir, ohne viel gesehen zu haben, wieder in den Süden.

Es scheint, dass nur die größten Straßen des Landes geteert sind, die nächst niedrigere Stufe sind gepflasterte Straßen und danach gibt es nur noch Dreckpisten: von doppelter Spur bis zum kleinen Waldpfad – aber diese machen gefühlt den größten Straßenanteil aus. So ist es nicht verwunderlich, dass wir über Dreckpisten auf unseren ersten Vulkan in Nicaragua fuhren: zum Vulkan Telica. Hier war die Fahrbahn an sich recht gut, aber die Äste kamen immer tiefer hinunter, sodass wir trotzdem nur in Schrittgeschwindigkeit fahren konnten – so können die Äste sanfter über uns hinweg gleiten – theoretisch. Wir kamen genau zur richtigen Zeit am Parkplatz an: erkennbar an den Touristen die kurz vor uns mit Jeeps angefahren kamen – um die Sonnenuntergangstour zu machen. Also schnell die Wanderschuhe angezogen und auf zur Vulkanbesteigung. Wir kamen zunächst zum gigantischen Schlund, Schwefeldämpfe stiegen in hohen Wolken auf und verwehrten uns den Blick ins Innere des Vulkans – aber allein das Ausmaß der Krateröffnung und das Grillen und Zischen war beeindruckend. Ein paar Schritte weiter konnten wir dann den Sonnenuntergang beobachten – doch trotz seiner Schönheit war er eigentlich nicht das Ware Spektakel: denn in der Dunkelheit ging es zurück zum Vulkankrater und dieses Mal konnte man durch die Schwefeldämpfe hindurch das rote Glimmen der Lava sehen. Leider stand aber jetzt der Wind ungünstig, sodass uns beim Fotografieren immer wieder die Dämpfer in die Nase stiegen und Augen und Atemwege gleichermaßen reizte. Zurück am Auto war weder etwas vom Schwefel noch vom Glimmer des Vulkans zu sehen. Was blieb war ein ungebetener Gast im Auto: eine Maus hatte den Weg in unser Auto gefunden und kam in der Nacht hervor um sich an den Spagetti zu verköstigen. Trotz höchster Ingenieurskunst war es uns nicht möglich die Maus in unsere selbstgebaute Falle – die wir aus einer großen Wasserflasche bauten – zu locken. So mussten wir all unser Essen in unseren „Küchenschrank“ stecken – der Einzige der von allen Seiten dicht umschlossen ist.  Immerhin hat sich der Aufwand gelohnt, denn nachdem wir nach ein paar Tagen alles Essen wieder zurück räumten kam keine Maus mehr hervor.

Ein Ölwechsel (Motor) schwebt schon seit längerem in unseren Gedanken – wir hatten sogar angefangen leere Flaschen zu sammeln um es selber zu machen, da sich keine Werkstatt fand. An sich wäre es kein Problem das Öl und den Filter selbst zu wechseln – das Werkzeug und auch den Filter haben wir mit – aber da die Ölablassschraube so blöd direkt über dem Unterfahrschutz sitzt, müsste man eigentlich eine Ölrutsche bauen um das Öl ordentlich aufzufangen. Wenn das schief geht (das Öl kommt in einem ziemlichen Schwall an) ist man ziemlich eingesaut. Aus diesem Grund wollten wir das eben nicht selbst machen, sondern jemanden dafür bezahlen dass er sich die Hände schwarz macht.
In Leon hatten wir beim zweiten Anlauf Glück und machten den Ölwechsel auf „nicaraguanische Art“. Auf unserer Karte sahen wir ein Werkstattsymbol und fuhren hin – aber angekommen waren es nur ein paar Männer die in einer Einfahrt in einem Wohngebiet an Autos schraubten – aber sie wollten den Ölwechsel machen – gleich dort auf der Straße. Es kam wie es kommen musste – die 6,5l Öl die aus unserem Auto raussprudelten konnten sie nicht alle auffangen – aber mit ein paar Schaufeln Erde aus dem Garten wurde die Lache auf der Straße abgedeckt – ein weiterer Fleck in der Nähe zeigte uns dass hier schon mal was danebengegangen sein musste. Danach wechselten sie den Filter – kein Problem da wir eh unseren eigenen mithatten und es gab neues Öl: das Auto fährt immer noch also alles gut gegangen.

In der Stadt Leon kann man sich ansonsten sehr viele Kirchen anschauen. Auf dem Marktplatz wurden die ersten Krippen aufgebaut – das Christkind fehlte in allen, vielleicht kommt das dann erst zu Weihnachten dazu.

Von Leon machten wir einen Abstecher zum Meer und verbrachten zwei Tage im beschaulichen Stranddorf El Cubano, welches einen ungewöhnlich leeren Strand hatte – so hatten wir nur ab und an ein paar Zuschauer bei unseren Surfversuchen – war auch besser so.

Der nächste Vulkan ruft mit einer einzigartigen Aktivität – Vulkanboarding, angeblich nur hier auf dem Cerro Negro möglich. Dank eigenem Auto müssen wir keine teure Tour buchen sondern können direkt vor die Tore des Parks fahren – doch zunächst übernachten wir hier um unsere Kräfte zu sammeln. Mit uns parkt eine französische Familie, sie sind schon seit 17 Monaten unterwegs und managen das Leben zwischen Sightseeing und Unterricht – denn eins der Kinder ist schon im Schulalter. In Frankreich scheint das jedoch einfacher zu gehen als in Deutschland, hier gibt es eine Organisation die einem das Unterrichtsmaterial zusendet – wir fanden es toll, dass sie so lange schon reisen.

Vulkanboarding, klingt nach jeder Menge Adrenalin, startet aber mit einem beschwerlichen Weg zu Fuß auf den Vulkan – die Ausrüstung muss man leider selber tragen: bestehend aus einem langen Holzbrett zum Rutschen und einem Rucksack gefüllt mit Ganzkörperjeansanzug + Schutzbrille + Handschuhe. Nachdem wir rausgefunden hatten, dass man das Brett in die Rucksackschlaufen stecken kann ging es schon einfacher den Vulkan zu besteigen. Dieser ist ein einziger Schutthaufen ohne Vegetation und man kann gut erkennen wo die Grenze des Ausbruchs war, da diese sich scharf von der grünen Umgebung abhebt. Oben angelangt kann man bis zum Krater laufen – schiebt man hier ein wenig den Schotter zur Seite ist der Boden so heiß, dass die Hand nicht lang drauf bleiben kann – hier könnte man wahrscheinlich Backkartoffeln vergraben. Zurück am steilen Abhang gab es zum Glück auch einen erfahrenen Touristenführer der gerade erklärte, wie man sich am besten verhält – so waren wir bestmöglich für die Fahrt gewappnet. Diese war erstaunlich langsam – wären wir auf einem Skihang wäre diese Piste tiefstes schwarz gewesen – aber hier fuhr man in einem angenehmen Tempo den Berg runter. Einziges Manko: man bremst in dem man die Füße links und rechts in den Schotter stemmte und dabei kam einem dann der ganze Dreck ins Gesichts gewirbelt und am Ende sahen wir so aus als hätten wir in einem Kohlebergwerk gearbeitet. Thomas tauschte sein Rutschbrett gegen ein „richtiges Snowboard“ um und nach einer Pause machten wir uns ein zweites Mal an die Besteigung. Aber dieses Snowboard entpuppte sich als eine desaströse Fehlkonstruktion: die laschen Bänder konnten Thomas‘ Füße nicht auf dem Brett halten und er verdrehte sich beim Versuch wie auf Schnee zu fahren die Knöchel. Des Rätsels Lösung war einfach: keiner der Parkwächter und vermutlich auch keiner der Erfinder ist jemals Snowboard im Schnee gefahren – „man solle es doch eher wie beim Surfen halten“ – so so – also für all Diejenigen die Snowboarden im Schnee kennen nicht zu empfehlen. Mit dem Snowboard konnte man zwar nicht lenken (und damit auch nicht bremsen) – aber es war dafür unglaublich schnell – ungefähr so wie wenn man auf einer roten Piste mit Schuss den Berg runterfährt.

Managua konnte uns mit seinen flachen Hütten nicht begeistern – aber das wird wohl vielen so gehen – die Stadt wurde einst nach einer vulkanischen Zerstörung provisorisch wieder aufgebaut und ist seither in diesem Zustand geblieben. Aber für uns zählte auch etwas ganz Anderes: ein Europashop – wir erhofften uns ein paar vertraute Leckereien und wurden nicht enttäuscht. Wir ergatterten zu astronomisch hohen Preisen eine Tüte Weihnachtsschokolade, Lebkuchen und Semmelknödel für das Weihnachtsessen.

Nicaragua – das Land der Vulkane – hatte immer noch etwas Neues für uns zum Entdecken. Wir wollten einmal so richtig brodelnde Lava sehen und auf dem Vulkan Masaya war uns dies vergönnt. Im Dunkeln quälte sich unser Auto den steilen Berg hinauf – denn der Parkplatz war direkt neben dem aktiven Schlund. Schon von weitem war das rote Glühen der Dämpfe sichtbar und von oben konnten wir wirklich hinab auf flüssige Lava blicken. Das Vergnügen war jedoch nur von kurzer Dauer, denn nach 15min mussten wir schon wieder zurück fahren – die nächsten Schaulustigen warteten schon.

Mit ein paar Jahrhunderten Abkühlzeit wird aus einem solchen Schlund dann eventuell ein toller Badesee – wie z.B. die Laguna de Apoyo – mit klarem und warmem Wasser umgeben von Dschungel – ein toller Ort. Aber die Anfahrt kann gefährlich sein, denn die Zufahrt ist steil und teilweise nicht asphaltiert. So kam es, dass wir einmal wieder unsere Winde einsetzen konnten – jedoch nicht für uns, sondern für das Physiologenteam der guatemalekischen Olympiamannschaft. Es war gerade der letzte Tag der „XI Juegos Deportivos Centroamericanos Managua“ – eine Art Olympische Spiele für Zentralamerika, und die Physiologen wollten sich einen schönen Tag machen, sind dann aber irgendwie vom Weg abgekommen und kamen mit eigener Kraft nicht wieder auf die Straße. Nachdem Sie zunächst das Abschleppseil am vermeintlich stabilen Kuhfänger festmachten und wir diesen halb beim Versuch das Auto zu ziehen rausrissen, befestigten sie das Seil am Rahmen des Autos und kurze Zeit später stand es wieder auf der Straße. Guatemala war übrigens Gesamtsieger der Spiele – das erzählten Sie uns stolz, als sie ihren Kuhfänger wieder befestigten und dafür noch einen Hammer von uns borgten. Als Dankeschön gab es einen goldenen Guatemala-Anstecker für uns. Die Männer mit ihrem Transporter waren sehr dankbar und sicherlich reichlich verwundert dass sie gerade ein Deutscher mit einer Seilwinde aus dem Dreck zieht – für uns war es aber einfach toll auch mal helfen zu können – denn so oft haben uns Menschen schon geholfen.

Granada, ist eine quirlige Stadt mit einem wirren Einbahnstraßensystem durch das wir uns mit Müh und Not hindurchbahnten. Die Stadt an sich war recht touristisch – viele Händler boten allerlei Kitsch an, aber ansonsten gab es nicht allzu viel für uns zu entdecken.

Am Playa Gigante verbrachten wir unsere letzten Tage in Nicaragua: zwar konnte man hier nicht Surfen, aber die Wellen waren trotzdem toll zum Baden. Daneben bauten wir das Solarpannel um – dieses lag nämlich seitdem wir das Surfboard haben immer halb unter diesem und brachte nicht mehr genügend Leistung. Außer einem wild gewordenen Schwein, das in der Nacht die Mülltonnen umwarf, war es ein sehr friedlicher Ort. Unsere letzten nicaraguanischen Cordoba setzten wir in Rigas noch in Lebensmittel um, aber hatten nicht mit den Massen an Einkaufenden gerechnet – vermutlich schon der erste Weihnachtsansturm. Wir wollen Weihnachten in Costa Rica verbringen und darum geht’s jetzt weiter Richtung Süden.

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