Ontario – Stadtbummel in Ottawa und Toronto

30.08.2017 – Wir erreichen Ottawa an einem sonnigen Nachmittag, den wir gleich einmal für Instandsetzungsarbeiten nutzen. Bei den starken Regenfällen ist uns aufgefallen, dass es im Fahrerbereich tropft. Zunächst dachten wir, der Gummi um die Windschutzscheibe sei undicht. Bei näherer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass es wohl eher die Abdichtung der Antenne ist, die mittig auf der vorderen Dachschräge sitzt. Unser Super-Alleskleber braucht 24h zum Trocknen und da wir den kommenden Tag und die Nacht in Ottawa verbleiben wollten ohne das Auto zu bewegen, kletterte Thomas aufs Auto. Ob die Antenne wirklich das Problem war und ob alles dicht ist wird sich erst beim nächsten Regen zeigen.

Unsere Basis hatten wir an einem kleinen See aufgeschlagen, von dem aus ein schöner Fahrradweg in die Stadt führte. Franzi wollte unbedingt den Wachwechsel vor dem Parlament sehen und so waren wir kurz vor 10Uhr vor dem Parlament, aber es gab keine Wachen. Deren letzter Wachwechsel fand wohl am Vortag statt, na toll. Immerhin waren wir dafür nicht zu spät um uns in die Schlange für kostenlose Führungen durch das Parlament anzustellen. Wir ergatterten eines der begehrten Tickets für eine Tour auf Englisch um 13.50Uhr. Bis dahin folgten wir der vorgeschlagenen Rundtour der Stadtkarte. Diese startete mit dem „Canada Tribute to human rights monument“ und einem daneben befindlichen Rosengarten (4m² und einer Blüte). Die Rosen waren von Belgien extra gezüchtet, um den Frieden nach dem Krieg von 1812 zu feiern, der Friedensvertrag wurde damals in Gent geschlossen. Vorbei am unspektakulären Rathaus ging es zum National War Monument. Dieses war zunächst nur zum Gedenken an die Soldaten des 1.Weltkrieges erbaut, wurde aber im Laufe der Zeit zur Gedenkstätte für alle Soldaten und ihr Opfer für Kanada erweitert. Davor ist „The Grave of the Unknown Soldier“ symbolisch liegt hier ein unidentifizierter Soldat des. 1. Weltkrieges, den man aus Frankreich nach Kanada umgebettet hat. Das Fairmont Chateau Laurier Hotel ist das älteste Hotel der Stadt, sieht aus wie ein Märchenschloss. Schloss- und burgartige Gebäude begegnen uns öfters während unserer Fahrt durch Ottawa, aber manchmal scheinen sich auch nur normale Büros hinter den scheinbar dicken Mauern zu verbergen.

Passend zur Mittagszeit schlendern wir über den Byward Market – um ein altes Backsteinmarktgebäude tummeln sich kleine Verkaufsstände. Hier finden wir sie, die Stadtspezialität – Beavertails (Biberschwänze) – eine Art frittierter Crepe. Wir haben sie klassisch probiert, mit Zimt-Zucker und frischer Zitrone, knusprig lecker, aber zu schnell aufgegessen. Gegenüber gab es Bio – aus der Region – Maiskolben. Mit etwas Butter und Salz zwar nichts für Thomas, aber Franzi fand sie lecker.

Sammelplatz für die Parlamentstour war die rechte Hausecke des Parlamentes. Hier wurden im 5min Takt die Gruppen abgeholt. Wir waren eine bunte Truppe aus Amerikanern Kanadiern und noch einem weiteren deutschen Paar aus Stuttgart. Wir durften in das House of Commons (grüner Fußboden), welches in Etwa dem deutschen Bundestag entspricht. Ein ähnlich imposanter Raum ist der Senat (roter Fußboden), entspricht dem dt. Bundesrat. Dass man überhaupt in diese Räume darf ist wiederum dem diesjährigen 150-jährigen Jubiläums Kanadas geschuldet. Der ehemalige Reading Room (Leseraum) dient heute als Sitzungszimmer für die führende Partei. Früher lagen hier alle möglichen Zeitungen des Landes aus, damit die Abgeordneten nicht den Kontakt zu ihrem Bezirk verlören (eine Heimreise konnte je nach Standort bis zu 1 Woche dauern und wurde dementsprechend selten angetreten). Weil man in diesem Raum auch rauchen durfte, geschah das absehbare und am Anfang des 20Jhd. entbrannte ein Feuer, welches bis auf die Bibliothek alles zerstörte. Der Aufbau geschah zur Zeit des 1. Weltkrieges und die Architektursprache ist daher eher düster. Die Bibliothek, welche das Feuer überlebt hatte, strahlt eine warme Atmosphäre  aus und wirkt durch das viele natürliche Licht und die Holzarbeiten auch wesentlich einladender. Nach der 45min Tour konnte man noch wenn man wollte in die Chamber of Memory gehen. In einer sehr hohen, durch hohe Fenster sehr hell belichtete Kapelle liegen Bücher aus, in denen alle gefallenen Soldaten Kanadas verewigt wurden.

Nach dieser fantastischen Tour machten wir uns auf den Rückweg, aber wir kamen nur auf die andere Seite des Flusses. Hier stolperten wir durch Zufall über eine Pflanzen-Skulpturausstellung im Rahmen der Festlichkeiten der 150-Jahr-Feier Kanadas. Die einzelnen Figuren hatten alle etwas mit Kanada und dessen Traditionen und Geschichte zu tun. Von der ersten Eisenbahn, über Wildpferde, einen Goldschürfer und die Mutter Natur war alles dabei. Unser Aufenthalt in Ottawa endete mit einem erfrischenden (=sehr kalten) Bad im See neben unserem Parkplatz. Obwohl der Bademeisterturm immer noch besetzt war hatten wir doch das Gefühl, das die meisten Kanadier es jetzt dann doch schon zu kalt fanden und wir eher schräg angeschaut wurden.

Auf unserer Route entlang des Saint Lawrence Strom lag Fort Wellington, eine Anlage aus dem 19Jhd – mit Palisaden, Erdwall und 3 Gebäuden. Die erste Bebauung an diesem Ort war dem Krieg von 1812 verschuldet, da der Saint Lawrence Strom eine wichtige Versorgungsroute der Briten in die oberen kanadischen Territorien war und die Amerikaner diese natürlich unterbrechen wollten. Das erste Fort wurde 2 Wochen vor Kriegsende 1814 fertiggestellt und war nie Schauplatz von Kriegshandlungen. 1833 wurde es schließlich verlassen und dem Verfall preisgegeben. Die inneren kanadischen Revolten um 1837 und die Angst vor amerikanischen Attacken brachten ein neues Bedürfnis nach dem Fort mit sich und es wurde wieder aufgebaut. Die heute zu sehenden Gebäude stammen aus diesem zweiten Aufbau. Im InfoCenter konnte man ein Schiffswrack bewundern, welches sie aus dem Fluss gezogen hatten. Wir besuchten die Anlage an einem Sonntagnachmittag, aber es gab trotzdem mehr Angestellte in Kostümen als Besucher. Schade für die Parkangestellten, aber gut für uns. So bekamen wir immer ein paar lustige Informationen. So z.B. das obwohl der Fluss direkt daneben war, es nicht üblich war für die Soldaten und deren Familien sich zu waschen. Nur 3 Körperteile müssten täglich gewaschen werden: Gesicht und Hände (das einzige was man unter der Uniform sah) sowie die Füße (gegen Fußpilz). Aber dafür wurden zwei Bottiche mit Wasser geholt und nach Rang gingen zunächst die Soldaten, dann deren Frauen und dann deren Kinder durch dieses Wasser – wie sauber das am Ende noch war ist fraglich.

Ca. einen Kilometer entfernt stand ein ebenfalls (für kanadische Verhältnisse) wichtiger Zeitzeuge. Ein Leuchtturm direkt am Fluss, der früher eine Mühle war und einst für ein paar Tage von Separatisten und Amerikanern besetzt war, die gegen die Kanadier kämpften. Für uns erscheinen solche Orte immer etwas merkwürdig, aber man muss bedenken, dass die Geschichte hier sowie auch in den USA quasi später begonnen hat und die wenigen Orte daher umso mehr wertgeschätzt werden, auch wenn eigentlich nicht viel passiert ist.

Während unserer Parlamentsführung hatten wir auch von der Entscheidungsfindung der kanadischen Flagge gelesen. Die Entscheidung wie sie aussehen sollte wurde erst in den 1960er Jahren getroffen. Durch Zufall war unser auserwählter Supermarkt am Highway in Broocksville, dem „Geburtsort“ der Flagge. Denn hier kam der Angeordneten her, dessen Arbeit maßgebend für die Findung des Designs der Flagge war. Die Gedenktafel samt einer riesigen Flagge standen auf dem Supermarktparkplatz. Ein Mitarbeiter , der uns eigentlich wegen unserem tollen Fahrzeug angesprochen hatte und mit dem wir ins Gespräch gekommen waren, erzählte uns, dass die Anwohner zunächst Angst gehalten das ein Unglück mit dieser Flagge passieren würde, da sie wohl die Größte im ganzen Land sei, aber bisher ist sie noch nicht davon geflogen.

Am Ende des Saint Lawrence Stroms trafen wir auf den Ontario See. Unser ausgewählter Übernachtungsplatz lag direkt an dessen Ufer und als wir den See richtig sahen, waren wir Beide sprachlos. Natürlich wussten wir, dass der See zu einem der Großen Seen zwischen Kanada und den USA gehörte und daher wohl schon recht groß sein müsste, aber dass man nicht mal mehr das andere Ufers sehen konnte war einfach irre. Das Wasser rauschte, die Wellen schlugen an den Steinstrand und Möwen kreischten ihre Lieder – wie am Meer. Am nächsten Morgen trafen wir auf Marc, oder besser gesagt, er kam mit seinem Rad vorbei und sprach uns an. Dass die Welt ein Dorf ist sagt man ja so, aber hier war Marc mit seinem Rad aus der Nähe von Freiburg, was wiederum nur ein Katzensprung von unserem Wohnort entfernt liegt. Und was er vorhat ist noch verrückter als unser Vorhaben, 1-2 Jahre will er mit seinem Rad die Welt bereisen, 2 Monate war er schon unterwegs.

Direkt am Seeufer, am Cherry Beach, schlugen wir unser Lager für Toronto auf. Dieser Parkplatz hatte es in sich, vom Fotoshoot mit einem Ferrari über die Polizei die hier ihre Essenspause verbringt hin zu parkenden Leuten die zwischen 5min- und der halben Nacht einfach im Auto sitzen und nichts machen war der Parkplatz immer belebt. Über die Stadt hatte unser Reiseführer leider nicht so viel zu sagen, so fuhren wir zunächst mit den Rädern Richtung Rathaus und hofften auf eine Touristeninfo. Direkt neben dem CN-Tower (seit 1970 für ca. 30 Jahre der höchste freistehende Turm der Welt) wurden wir fündig und mit einer Karte ausgestattet begannen wir den Stadtrundgang. Wir begannen mit ein paar alten Eisenbahnen, die im Freien im Toronto Railway Museum ausgestellt waren. Kanadas Wall of Fame lag relativ unscheinbar und unbeachtet auf einem Fußweg und die Stars und Sternchen waren alle unbekannt für uns. Von außen spektakulär, jedoch von innen relativ langweilig gestaltete sich der Bau der OCAD Universität. Auf langen Stützen schwebt der Erweiterungsbau über dem Altbau. Im Inneren gibt es vor allem Büros und studentische Arbeitsplätze die nur durch verschiedenartige Fenstergrößen und deren Anordnung auffallen, aber eine besondere statische Struktur war nicht zu erkennen. Vorbei an der Artgallery of Ontario und dem Parlamentsgebäude fuhren wir zum Royal Ontario Museum um den Anbau von Daniel Libeskind zu sehen. Dieser wurde 2006/2007 erbaut und die Form ist auch beeindruckend, jedoch wirkt das Material und das Design recht alt. Wir Beide hätten es eher als einen Bau der 1980er Jahre eingeschätzt.

Die Stadt vereint verschiedene ethnische Wohnviertel, wobei die Wohnhäuser gleich aussehen und nur die Hauptstraßen mit ihren Läden verraten „in welchem Land“ man ist – China Town, Korea Town, Little Portugal – Toronto gilt generell als die multikulturellste Stadt Amerikas und scheint dieses Image zu pflegen, waren es doch genau jene Zuwanderer die die Stadt in den letzten Jahrzehnten zur Weltmetropole haben werden lassen. Ein ebenso sehr schönes, jedoch viel älteres Viertel ist The Distillery Historic District, ein Viertel aus Backsteinbauten welches wohl das größte erhaltene aus dem 18 Jhd. ist. Belebt ist es heute mit kleinen Shops und vielen bunten Bars und Restaurants. Im alten Stadtkern befindet sich die Markthalle „St. Lawrence Market“ die größtenteils Essen anbietet. Wir haben hier das Stadtgericht Torontos probiert, ein Peameal Bacon Sandwich. Dahinter verbirgt sich ein Brötchen welches mit 5 Wienerschnitzeln belegt ist. Lecker, aber man sollte mehrere Stunden davor nichts gegessen haben um mit dieser Spezialität fertig zu werden.

Toronto ist eine schöne Stadt Tagsüber, aber Nachts zeigt Sie sich von einer besonders beindruckenden Leuchtenden Seite. Leider ist es nur schwierig diese auf ein Foto zu bekommen. Am Ende fanden wir einen Spot direkt neben unserem Stellplatz in einem Hundepark. Nur leider mit einem Zaun dazwischen, aber trotzdem sehr beeindrucken.

Nachdem wir nun Ontarios Städte besucht haben, machen wir uns auf in die Natur.

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