Ontario – von fallendem Wasser, Bäumen und flinken Vögeln

03.09.2017 – Zwischen Toronto und den Niagarafällen ankert ein besonderes Schiff, die HMSC Haida – das am höchsten ausgezeichnete Kriegsschiff der kanadischen Navy (Kanada hat eine Navy? scheint so). Das Schiff ist ein Tribal Class Destroyer, und das Letzte seiner Art. Von den insgesamt 27 erbauten Schiffen (8 davon für Kanada) sind 13 gesunken und 13 wurden verschrottet. Das Schiff war im 2. Weltkrieg, im Koreakrieg sowie im Kalten Krieg im Einsatz. Der Name Haida stammt vom Stamm der Haida Gwaii, auf den Queen Charlotte Inseln. Jedes Schiff dieser Gruppe wurde nach einem indigenen Stamm aus dem britischen Commonwealth benannt. Im Jahr 1963 wurde das Schiff ausgemustert und sollte verschrottet werden. Dank des Engagements von Freiwilligen wurde es jedoch zu einem Museumsschiff umfunktioniert und kann seit 1965 besichtigt werden. Das Tolle ist man kann sogut wie überall auf dem Schiff hin und anfassen was man möchte. Vom Maschinenraum über die Kajüten bis hin zum Steuerdeck ist das Schiff frei zugänglich.

Nach diesem kleinen Zwischenstopp ging es zu einem Highlight für jeden Besucher der Region: die Niagara Fälle. Die Autoroute führte uns mehrere Kilometer entlang des tiefen Grabens den die Wassermassen der Wasserfälle im Laufe der Zeit gegraben hatten. Am Ende tauchten Sie relativ unvermittelt auf und wir waren beeindruckt von ihrer Größe, der Lautstärke und des Nebels der von den Fällen aufstieg. Nachdem wir einen guten Parkplatz gefunden hatten (einen kostenlosen), war es schon dunkel geworden und wir konnten die Fälle mit einer Lichtershow bewundern – klingt irgendwie kitschig, sieht aber tatsächlich ziemlich cool aus. Durch Inseln wird der Wasserstrom in 3 einzelne Fälle getrennt, die American Falls und die Bridal Veil Falls liegen auf der amerikanischen Seite und der Horseshoe Fall, eigentlich auf der Ländergrenze, wird aber eher zu Kanada gezählt. Zunächst wurden die Fälle in verschiedenen Farben beleuchtet, bis Sie dann die jeweilige Landesflagge symbolisch wiedergaben. Auch die Stadt mit dem Namen Niagara Falls lässt es an bunten Lichtern nicht fehlen und gab uns einen kleinen Vorgeschmack auf Las Vegas mit Vergnügungsparks, Restaurants und einer gigantischen Spielhalle die gut gefüllt war. Unser eigentlicher Übernachtungs- und Langzeitparkplatz lag 8km stromabwärts Richtung des Ontario Sees gegenüber des amerikanischen Wasserkraftwerks und wir konnten hier auf einem netten Rastplatz eine ruhige Nacht verbringen.

Das erste Mal gab es auch etwas Arbeit am Iveco selbst. Am rechten vorderen Achsgelenk waren Rissen in der Achsmanschette aufgetreten und Thomas klebte diese noch in der Nacht zu. Der Kleber (nennt sich FixAll und ist ein sehr elastischer Kleber – gut für die Dinge die sich dehnen können müssen) braucht 24h zum Aushärten, aber es war wichtig die Ausbesserung vorzunehmen, damit kein Dreck an das Achsgelenk gelangte. Die Ausbesserung würde nicht ewig halten und wir nahmen uns vor zurück in den USA eine Autowerkstatt aufzusuchen. Da sich diese anstehende Reparatur schon in Deutschland angebahnt hatte, hatten wir die notwendigen Ersatzteile sogar mit – für die nächsten 500km musste aber erstmal der Kleber halten.

Die Entscheidung ob wir die Niagarafälle via Bootstour anschauen sollen ging schon eine Weile hin und her und am Ende entschieden wir uns dafür es zu machen, obwohl es nicht wirklich billig war. In guter Monopoli-Maniergibt es jeweils nur einen Anbieter je Landesseite und so hatten wir keine Auswahl bei den Preisen und zahlten ca. 20€ pro Tickets. Danach ging es sehr schnell. Nach einer kleinen Rampe die einen ein paar Meter vom Straßenlevel hinabführte, wartete ein Fahrstuhl auf uns welcher bis hinunter zur Bootsanlegestelle führte. Hier wurden die Massen an Touristen durch ein Zelt geschleust und bekamen alle ihre Regenmäntel. Den dünnen Gratis-Mänteln trauten wir nicht so so richtig, daher haben wir mal vorsichtshalber eigene Regenjacken angezogen und unseren wasserdichten Rucksack sowie die wasserdichte GoPro-Kamera verwendet – ganz so schlimm war es dann am Ende aber doch nicht 🙂 Auf dem Weg bis zum Schiff hatte man Zeit sich wasserdicht anzuziehen und nach 5min warten konnten wir schon auf das Schiff steigen. Gute Massenabfertigung. Wir ergatterten einen Top-Platz am Bug des oberen Levels. Langsam tuckerte das Schiff durch die Gischt in Richtung der American Falls. Eine Tonbandstimme erzählte dass sich bisher noch kein Daredevil von diesen hat hinuntertreiben lassen da am Ende des Falls große Felsen jegliches Überleben ausschließen. Jedoch beim Horseshoe Fall gab es schon den ein- oder anderen erfolgreichen Versuch, aber empfehlenswert ist es auf keinen Fall. Der Anblick der amerikanischen Fälle war schon beeindruckend wurde jedoch von den kanadischen Fällen in den Schatten gestellt. Das Schiff fuhr, so gut es gegen die Strömung ging, in die Mitte der wie ein Hufeisen geformten Wasserkannte und stand dort mehrere Minuten, so dass man wie völlig umringt vom brausenden Wasser war. Wir wurden nicht wirklich nass vom herunterfallenden Wasser, sondern vom Nebel der uns in die Gesichter geweht wurde. Am Ende waren wir glücklich mit unserer Entscheidung die Fahrt gemacht zu haben.

 

Zwischen den Niagarafällen und Detroit, unserem ersten Ziel zurück in den USA, lagen rund 300km. Um die lange Fahrt etwas aufzulockern entschieden wir uns einen Abstecher zum letzten kostenlosen kanadischen Nationalpark zu machen: „Point Pelee“, der südlichste Zipfel Kanadas. Natürlich hatten wir uns mit dem Abstecher verschätzt und der Park lag nicht so nah an unserer Strecke wie gedacht, aber auf diesem Kontinent wird uns das vermutlich noch öfters passieren.

Der Park wurde 1918 gegründet und seither versucht man diesen in seinen „Urzustand“ zurück zu führen obwohl nicht bekannt ist wie genau dieser eigentlich aussah. Bevor europäische Siedler das Land nutzten war es von Indianern besiedelt. Doch diese wurden vertrieben und ihre Unterkünfte zerstört. Den Siedlern kaufte man Stück für Stück ihr Land ab oder tauschte es mit Land was weiter im Festland lag. Die Siedler hatten auf der Landzunge die heute Point Pelee ist Landwirtschaft betrieben. Da das Land teils sehr sumpfig war zogen sie Kanäle um ihre Grundstücke. Diese wurden vom Nationalpark teils belassen wegen der eigenen Flora und Fauna, aber teils auch (für uns willkürlich) wieder zugeschüttet. Alles in allem wirkte der gesamte Park zwar sehr nett, aber die Informationstafeln die über die Natur aufklären waren vielversprechender als die Realität und unser deutsches Verständnis von Nationalparks ließ uns öfter den Kopf schütteln. Schön war ein Weg durch ein Marschgebiet, der auf Holzbrettern durch Schilf führte (ein Prospekt versprach Schildkröten „in Hülle und Fülle“ – blicken ließ sich leider keine einzige). Auf einem weiteren Rundweg durch dichteren Walde sahen wir zum ersten Mal Kolibris / Hummingbirds, die waren leider viel zu schnell zum Fotografieren, ein Foto gelang uns aber doch. Auch in diesem Park durften wir leider nicht übernachten und so kochten wir nur unser Abendessen in Strandnähe und fuhren danach aus dem Park hinaus und parkten auf einem Parkplatz außerhalb, dessen Übernachtungsverbotsschild wir am Abend wohl übersahen und erst am nächsten Morgen entdeckten – Polizei kam zum Glück nicht. Haben wir schonmal geschrieben dass diese „Closed at 10pm“-Schilder (= Übernachtungsverbot) uns ständig die schönsten Übernachtungsplätze rauben? Terrible!

Tja das war unsere Zeit in Kanada – es wird auch langsam echt kalt und es wird Zeit mal etwas weiter in den Süden zu fahren wo es noch warm ist. Jetzt hoffen wir, dass die Amerikaner uns und auch den Iveco wieder ins Land hineinlassen …

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