Panama – ein Auf und Ab nicht nur für Schiffe

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29.01.2018 – Zugegebenermaßen hatte Panama keinen einfachen Start – nach dem artenreichen und vor allem sauberen Costa Rica wurden wir kurz nach der Grenze wieder vom eher üblichen Müll Mittelamerikas begrüßt und wir hatten von Beginn an keinen guten Eindruck vom Land.

Auf schlechten Straßen ging es zunächst nach David – einer Großstadt mit dem Straßensystem eines Dorfes. Das ersehnte Wäschewaschen (in Costa Rica unglaublich teuer, daher der Plan in Panama zu waschen) entwickelte sich zu einer Odyssee, nachdem uns die Dame des Salons mitteilte: trocknen sei an diesem Tage nicht mehr möglich – blöd nur dass unsere Bettwäsche schon gewaschen war. So fuhren wir durch die gesamte Stadt bis wir einen Wäscheservice fanden der unsere gewaschene Wäsche trocknete.

Auch bei unserem ersten Strandbesuch wurde es nicht besser – kaum hatten wir vor ein paar Strohhütten, die an dieser Stelle den gesamten öffentlichen Strand zustellten, geparkt, kam ein verwegen aussehender Typ und meinte das Parken würde 10$ kosten. Die Gummistiefel die er trug, trugen nicht dazu bei, dass seine Forderung offiziell klang – die neben uns geparkten Jugendlichen hatten nichts gezahlt – der Imbisbudenbesitzer hinter uns unterstütze jedoch die Meinung des Gummistiefel-Mannes. Am Ende sind wir zwar der Meinung dass es keine solche Gebühr gab, wollten uns aber nicht mit den Leuten rumstreiten und fuhren einfach weiter. Immerhin fanden wir noch eine schöne Zufahrtsstraße mit Parkmöglichkeit direkt auf dem Strand und hatten noch eine schöne Zeit.

Weiter ging es in die Berge, Zwischenstopp machten wir in Santiago – aber die Innenstadt ist eigentlich so gut wie ausgestorben, da sich am Rande der Stadt große Shoppingcenter befinden. Aus unserer Wanderung im Bergland wurde leider durch anhaltendes Regenwetter nichts – dafür fanden wir einen ruhigen Parkplatz um erste Schönheitsmaßnahmen am Auto vorzunehmen. Die Sprayarbeiten machten wir jedoch eigentlich nicht für das Aussehen, sondern um die Spraydosen die wir dabei hatten zu leeren. Die Autorückführung findet bei einer anderen Reederei statt als die Hinfahrt und diese hat wesentlich mehr auf ihrer „No-Go-Liste“ – unter anderem auch Spraydosen – und bevor wir diese dann im Hafen wegschmeißen müssen verwenden wir sie lieber. Im Bergdorf San Francisco hatte zwar die berühmte Kirche aus der Kolonialzeit geschlossen, dafür gab es hier eine hübsche öffentliche Badestelle: der Fluss sammelt sich in einem natürlichen Wasserbecken – ganz schön kalt im Gegensatz zum Meer. Und weil wir es lieber warm mögen geht es eben wieder zurück an die Küste, aber auf der Suche nach einem Surfstrand werden wir leider nicht fündig. Selbst mit Hilfe des Internets können wir die Wellen nicht aufspüren und geben uns schließlich auf der Halbinsel Punta Charme geschlagen – das Ende unserer Surfkariere hatten wir uns etwas glorreicher vorgestellt.

Wir fahren auf der berühmten Panamericana Route über den Kanal und nach Panama-City ein, doch schon kurz danach holt uns der wirre Stadtverkehr von unserem Glücksmoment herunter. Als dann noch das Navigationsgerät wilde Routen in entgegengesetzter Richtung von Einbahnstraßen, oder Rückwärts auf eine Auffahrt vorschlägt, ist das Chaos perfekt. Über lange Umwege schaffen wir es schließlich zum Ziel: einer Autowerkstatt. Denn, wie hätte es anders sein können, geht am Ende noch unser Bremskraftverstärker kaputt – nicht sehr praktisch im Stadtverkehr. Doch auch hier können Sie uns nicht helfen – die Ersatzteillieferung dauert zu lang und wir müssen bis Deutschland durchhalten. Es ist Freitag und wir treffen uns mit unserem Verschiffungsagenten: er erklärt uns, dass die Polizei klären muss ob unser Auto nicht gestohlen ist – das geht allerdings erst am Montag. Dass in unserem Fahrzeugschein Thomas‘ Name und Adresse drin steht, was bei einem gestohlenen Fahrzeug eher nicht der Fall wäre, scheint nicht zu zählen – man muss sich ein offizielles Zertifikat holen. So entschließen wir uns das Wochenende am Rande des Panama-Kanals in und um Gamboa zu verbringen. Hier kann man zum einen die Schiffe auf dem Kanal aus nächster Nähe beobachten, zum anderen genießen wir nochmal den Urwald. So sitzen wir zum Frühstück mit den Klappstühlen draußen, hören das Gegröle von Brüllaffen und sehen Schwärme von Tukanen hin und her vorbeifliegen – ein fantastischer Anblick (leider waren die Vögel zu schnell um Fotos zu machen). Zum Abschluss noch ein Kirchenbesuch in der Gamboa Union Church – der Gottesdienst ist in Englisch und Spanisch und geht darum, wie man die Zeit seines Lebens nutzt – irgendwie passend.

Die letzte Sehenswürdigkeit die wir gemeinsam mit dem Auto in Panama anschauten waren die Gatun-Schleusen: über die durfte man nämlich drüber fahren (man musste nur beim Pförtner behaupten eine dahinterliegende Ortschaft besuchen zu wollen) und wir bekamen so einmalige Einblicke in das Schleusensystem.

Der Panama-Kanal verbindet den Atlantik mit dem Pazifik zwischen Colon und Panama City auf einer Länge von über 80km. Er durchbricht dabei den Isthmus, den örtlichen Teil des Kordilleren-Gebirges – eine Meisterleistung der Ingenieurskunst, die Ende des 19. Jahrhunderts von den Franzosen angefangen und von 1904 bis 1914 von den Amerikanern beendet wurde. Durch die harschen tropischen Bedingungen (u.a. Malaria) und viele Erdrutsche kamen bei den Bauarbeiten insgesamt 25.000 Menschen ums Leben (20.000 unter den Franzosen und 5.000 unter den Amerikanern, die versuchten insbesondere durch Hygiene-Maßnahmen die Verbreitung der Malaria einzudämmen). Der Kanal verläuft nicht auf Meeresniveau, sondern es gibt in der Nähe der beiden Enden große, mehrstufige Schleusen, welche die riesigen Schiffe um insgesamt 26m anheben. Ein Teil des Kanals ist ein klassischer, gebaggerter Kanal und ein anderer Teil wurde durch den künstlich angelegten Gatun-Stausee erzeugt. In den Schleusen werden die Schiffe von Dieselloks mit Seilen stabilisiert und in Position gezogen. Das Heben und Senken selbst passiert ohne jegliche Pumpen, nur mit dem Einströmen des Wassers. Für den Fall dass die Zuflüsse mal nicht genug Wassernachschub haben, wurden extra Reserve-Seen angelegt. Auf der Atlantik-Seite kann man sich die Entwicklung anschauen: bei oben genannter Überfahrt fährt man zunächst über die Schleusentore der neuen Schleusen, durch die die ganz großen Fracht- und Kreuzfahrtschiffe durchfahren. Anschließend geht es über die originalen Schleusen von 1914, die heute aufgrund ihrer teils zu geringen Größe nur von den „kleineren“ Schiffen benutzt werden und weitgehend im Originalzustand geblieben sind. Ein Schiff benötigt ungefähr 10 Stunden für die Durchfahrt. Der Preis kann sich sehen lassen: ein großes, beladenes Containerschiff oder ein Kreuzfahrtschiff zahlt über 100.000 EUR für die Durchfahrt. Lohnt sich aber wohl, wenn man nicht um Feuerland in Südamerika fahren möchte. Der niedrigste je bezahlte Preis waren übrigens 34 Cent – das war ein Kerl der durch den Kanal geschwommen ist.

Montagmorgen, kurz nach 6Uhr stehen wir auf dem Gelände der Polizeiinspektion: es sieht aus wie auf einem Autofriedhof, hinter uns stinkende Mülltonnen und ein Wohngebiet in dem wir nicht einmal am helllichten Tage durchlaufen würden (es ist noch dunkel). Wir sind so früh da, da es am Tag nur 15 Tickets zur Kontrolle gibt – wir sind Nummer 8. Die Kontrolle besteht daraus, dass die Fahrgestellnummer kontrolliert wird und ein paar Kopien vom Ausweis etc. genommen werden – das war schon alles für die erste Runde. Man muss um 6 Uhr da sein, aber die Kontrolle geht erst um 8 Uhr los – macht Sinn. Dann bekommt man das Zertifikat? Weit gefehlt: erstmal wieder warten, denn Runde zwei beginnt erst 14Uhr im Gebäude auf der anderen Straßenseite – dort ungefähr 1 Stunde warten bis jemand erscheint und dann nochmal 30 Minuten bis der Herr das Dokument ausgestellt hat. Immerhin, der ganze Prozess war kostenlos. Danach ging es durch den dichten Stadtverkehr wieder zum Verschiffungsagenten – der auf der anderen Kanalseite angesiedelt ist. Er kopierte das Zertifikat und hier bekamen wir die letzten Instruktionen vor der Verschiffung am Donnerstag – übrigens nachdem wir nochmal 2 Stunden dort gewartet hatten. Also ein kompletter Tag von früh 6 Uhr bis Abends 19 Uhr nur um ein einziges Zertifikat zu bekommen das besagt dass unser Fahrzeug nicht gestohlen ist – ziemlich nervig. Aber hey, jetzt haben wir die Gewissheit: unser Fahrzeug ist nicht gestohlen.

Nach einem Putzmarathon am Mittwoch (das Auto muss sauber sein um im Hafen angenommen zu werden) und dem durch die Platzverhältnisse im Auto anstrengenden Einpacken unserer Sachen, standen wir am Donnerstagmorgen pünktlich 8Uhr im Hafen. Insgesamt dauerte der Prozess der Autoabgabe mehrere Stunden – Dokumentencheck, Zoll und Fahrzeugkontrolle: diese war übrigens nur äußerlich und alle Bedenken zwecks Spraydosen oder Gasflaschen waren umsonst.

Da Colon bekannt ist für seine Diebstähle fuhren wir mit dem Taxi bis zum Busbahnhof und dann mit einem klimatisierten Bus bis nach Panama-City. Zwar wussten wir nicht wo genau der Bus eigentlich halten würde, aber am Ende klappte alles super und wir kamen mit all unserem Gepäck im Hotel an. Seit Mexiko City gab es hier die erste warme Dusche, danach noch schnell etwas zu essen und ab gings ins Bett. Panama hat uns ja schon so manche negative Überraschung beschert, aber das unser Hotelzimmer kein Fenster hatte war ein neuer Tiefpunkt: überraschenderweise konnten wir am nächsten Tag problemlos das Zimmer tauschen – das neue Zimmer ist sogar mit Blick auf die Hochhäuser und einem kleinen Ausschnitt vom Meer – also immer ein Auf und Ab der Gefühle in diesem Land. Dank top WLAN-Verbindung verwandelten wir unser Hotelzimmer in ein Reisebüro: Planungen für die kommenden Reiseziele sowie Visaanmeldungen standen aus. Kurze Denkpausen gönnten wir uns im Hotelpool auf dem Dach des Hotels – trotz Januar und meist bewölktem Himmel haben wir hier jeden Tag um die 30 Grad.

Wir können wohl behaupten, recht viele Ecken von Pamama City kennen gelernt zu haben. Da gibt es die wirklich heruntergekommenen – z.B. wo der Polizeicheck war, dann die richtig herausgeputzten – im Hochhausviertel und dann welche die dazwischen liegen – wie der Bereich wo unser Hotel lag: nicht so sauber, aber doch so sicher das wir auch abends noch ohne Probleme umherschlendern konnten. Überrascht waren wir von der Altstadt – hier wurden die meisten Gebäude vermutlich entkernt und erstrahlen jetzt in neuem Glanz, dazwischen liegen noch ein paar Baustellen, aber die alten Fassaden lassen erahnen wie prunkvoll auch diese Gebäude einmal aussehen werden. Umso härter ist der Bruch zum normalen Wohngebiet danach. Das Umherfahren mit den öffentlichen Verkehrsmittels ist hier ausgesprochen günstig: je 0,25€ für eine Busfahrt oder 0,35€ für eine Fahrt mit der Metro – egal wie lang. Und so fuhren wir auch mit dem Bus zum Tocumen Airport – 45 Bushaltestellen und 1h Fahrt – aber hey: 0,5€ für zwei Personen ist ja wohl wirklich unschlagbar. Die letzten Stunden des ersten Teils unserer Weltreise verbringen wir auf dem Flughafen: um kurz vor 3Uhr am Morgen heißt es dann „tschüss Mittelamerika und hallo Flugzeuge“ – bis Japan ist es ein weiter Weg.

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