Türkei Teil 3 – von löchrigen Kirchen und viel heißer Luft

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16.04.2018 – Auf dem Weg in die Hauptstadt liegt Afyon: um den Burgberg drängen sich die teils stark einsturzgefährdeten kleinen Altstadthäuser und lassen einen Blick in die Vergangenheit zu. Der Burgberg macht seinem Namen alle Ehre – so hoch und steil oben, sahen wir selten eine Burg. Wir steigen voller Elan die ersten Stufen des Berges Empor, aber nach ca. der Hälfte ist diese verbraucht und die reine Sturheit nicht umkehren zu wollen treibt uns bis nach oben. Von der einstigen Festung stehen nur noch die Außenmauern und das hügelige Gelände lässt auch keine Mutmaßungen über die ehemalige Bebauung zu, dafür haben wir einen fantastischen Ausblick über die gesamte Stadt. Auffallend sind die vielen Minarette die sich in den Himmel strecken, jeder Stadtteil scheint gleich mehrere Moscheen zu beherbergen.

Von der Hauptroute abbiegend gelangen wir über Landstraßen zum Dorf Ayazini, an dessen Rand sich verschiedene Höhlen im umgebenden Felsen befinden. Wir erforschen eine Wohnhöhle in welcher mehrere aneinander gereihte Höhlen durch innere Durchbrüche oder äußere Treppen miteinander verbunden sind. Ein paar 100m weiter stoßen wir auf eine Kirche, die Innen wie auch teils außen aus dem Felsen gehauen wurde. In der Nähe des Dorf-Friedhofes gibt es einige Grab-Höhlen die ebenfalls aus Stein gehauene Säulen als Eingang haben und innen sieht man noch die verschiedenen Bereiche für die Gräber. Die Menschen die uns begegneten waren entweder dabei ihr Vieh voran zu treiben, oder arbeiteten mit Hacken auf kleinen Feldern – das Leben hier wirkte sehr einfach und schlicht auf uns.

Nun sind wir endlich in Ankara angekommen. Die Hauptstadt war einst ein kleines Nest mit nur 30000 Einwohnern und wurde über Nacht, durch die Ernennung zur Hauptstadt in den 1920er Jahren, zur Hauptstadt und heute wohnen über 4 Millionen Menschen hier. Der von den Türken hoch verehrte erste Staatschef Kemal Atatürk („Vater der Türken“) wollte seine neue Türkei vom alten osmanischen Reich abgrenzen und wählte daher nicht das alte Istanbul zur Hauptstadt. Die Lage weiter im Inneren mag im Verteidigungsfall sicher auch hilfreich sein.
Doch zunächst interessierten wir uns nicht für die Stadt selbst, sondern nur für die usbekische Botschaft, die hatte jedoch nicht mehr offen und so fuhren wir ein paar Kilometer raus aus der Stadt um zu übernachten. Die Stadt endete so abrupt, wie sie wohl einst gewachsen war: oben auf der Anhöhe standen noch die Hochhäuser und dahinter im Tal war ungenutzte Grünfläche.

Die usbekische Botschaft befand sich in einem größeren Wohngebäude im Erdgeschoss, nach einem gesicherten Tor gelangte man zu einer Eingangstür die in einen kleinen Vorraum führte: linkerhand eine Durchreiche für die Visas und rechts ein Büro (vielleicht für die schwierigeren Fälle). Unser Visa wurde genehmigt, wir mussten nur noch eine Einzahlung tätigen – 60 US-Dollar pro Person, aber nicht etwa vor Ort, sondern in der nächsten Bank: aber auch das ist nicht so einfach, da man als Ausländer keine Einzahlungen in der Türkei tätigen darf. Man braucht einen türkischen Ausweis und nur mit der Hilfe eines älteren türkischen Herren und seinem Ausweis konnten wir die Einzahlung tätigen (vielen Dank an dieser Stelle an diesen Herren). Danach ging es mit der Quittung zurück zur Botschaft und wir bekamen unser Visa eingeklebt. Visum 2 von 4: erledigt. Leider hatten wir kein Glück beim Visa für Turkmenistan – hierfür braucht man erst das Visa für das Land davor – und das Land was man danach bereist. Das Visa für danach hatten wir ja soeben bekommen, aber das Visum für das Land davor (Iran) konnten wir erst in Erzurum abholen (bei der Onlinebewerbung muss man den Abholungsort angeben und wir hatten gelesen, dass es in Erzurum besonders einfach und schnell wäre) – also müssen wir es in Armenien probieren, da es in Georgien zwar eine Botschaft gibt, diese aber keine Visaanträge bearbeitet, weil sie zu neu sei (verstehe wer will). Visum 3 von 4: dauert noch.

Das Zentrum Ankaras hatte nicht viel zu bieten, einen Burgberg und ein bisschen Altstadt. Besonders befremdlich war das Viertel neben dem Burgberg: dieses war fast komplett abgerissen und nur noch vereinzelte kleine Häuser standen zwischen Schuttbergen. Wir vermuten, dass hier die Stadt Neubauten errichten möchte und keine Investitionen in den Erhalt der vorhandenen Gebäude stecken wollte – sehr schade, denn so wird die Stadt vermutlich noch unattraktiver. Nach einer kleinen Stärkung mit leckerem Honiggebäck ging es für uns auch schon wieder weiter. Was man aber sagen muss: dadurch dass die Stadt geplant gewachsen ist, hat sie ein hervorragendes Straßensystem. Während wir in Istanbul praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit im Stau standen, kamen wir aus Ankara selbst in der Rush Hour ohne größere Verzögerung raus. Hut ab.

Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir Göreme, ein kleines Städtchen im wunderschönen Kappadokien: einer durch Tuffsteinformationen geprägten und von vielen Touristen besuchten Landschaft. Im Tal vor uns erhoben sich die ersten Steinkegel in denen Menschen teils auch heute noch leben.

Doch der eigentliche Zauber beginnt am frühen Morgen, wenn sich gegen 5:30 Uhr an die 100 Heißluftballons in die Luft erheben und der Himmel gespickt ist mit lauter bunten Punkten. Unser Übernachtungsplatz lag mitten in der Startzone der Ballons und wir konnten sie super beobachten – da es so viele sind kam es auch mal vor, dass sie aneinanderstießen – aber eigentlich war es erstaunlich wie viele sich ohne Probleme auf so engem Raum bewegten. Kurz nach Sonnenaufgang war das Spektakel schon wieder vorbei und die Ballons zusammengepackt, die Touristenhorden (meist Asiaten) bekamen noch ein Gläschen Sekt und dann ging es auch schon wieder zurück mit dem Kleinbus, vermutlich ins nahegelegene Hotel. Die meisten Touristen schienen tatsächlich Chinesen zu sein und einige Ballons trugen sogar Werbeaufschriften mit chinesischen Zeichen. Damit auch wirklich jeder Chinese zu seinem Flug kommt, fassten die großen Körbe an den Ballons bis zu 30 Personen. Uns war der Flug zu teuer (ab 130 EUR), aber von unten auch schon ein tolles Erlebnis – ganz gratis, nur etwas schlafraubend so früh.

Wir erkundeten die umgebenden Felsen. Diese wurden neben Wohnzwecken auch für Kirchen und als Bestattungsort genutzt. Für Bestattungen wurden Höhlen möglichst weit oben in den Fels gehauen – damit der Tote dem Himmel näher ist. Der Eingang wurde zugemauert und mit Malereien versehen: diese zeigten meist etwas aus dem Leben des Verstorbenen.

In einem kleinen Dorf stand eine Felswand die aussieht wie ein Schweizer Käse – doch bis in die 1960er Jahre waren diese Höhlen noch bewohnt, aber nach Unwettern und Steinrutschen wurden die Wohnungen zerstört und die Menschen mussten ausziehen. In der Mitte des Felsens ist die  „Johannes dem Täufer“ geweihte Kirche noch gut erhalten – man muss nur ein wenig klettern um sie zu erreichen.

Unser zweiter Übernachtungsplatz – diesmal auf den Felsen – beschert uns auch am nächsten Morgen wieder einen schönen Ausblick auf die umherschwebenden Heißluftballons. Wir dagegen erkunden die Gegend lieber zu Fuß und laufen durch ein Wandergebiet – hier entspricht die Breite der Wege deren Frequentierung und es scheint, dass die Türken lieber nicht so weit laufen. Neben dem Wanderweg sieht man ab und an wieder Höhlengräber oder Gänge durch Felsen: wie in alten Silberbergwerken sind sie eng und tief und man kommt nur gebückt hindurch – doch am Ende ist man nur auf der anderen Seite des Felsens herausgekommen. Die Felsenkirchen sind da wesentlich interessanter, vor allem die „Große Höhlen Kirche“ überraschte uns gewaltig: von außen sieht man nur einen kleinen Eingang und ein paar Löcher als Fenster. Im Inneren geht es eine schmale Treppe hinauf und plötzlich steht man in einer ca. 8m hohen Kirchenhalle mit massiven Säulen die direkt aus dem Stein gehauen wurden – ein fantastischer Anblick.

Unsere Wanderung führt uns einmal durch das Rose Valley – so benannt da die Felsen eine rosa Färbung aufweisen. Die Wege sind nur noch Trampelpfade und wir scheinen das Gebiet für uns allein zu haben.

Zurück in Göreme klapperten wir verschiedene Anbieter für Quadtouren ab, die wir während der Tage oft herumfahren gesehen haben. Eigentlich wollten wir ein Quad mieten um ein bisschen durch die Gegend zu heizen, aber alle Anbieter lehnen ab und wollen uns nur mit einer Tour schicken (wo man bestimmt eher langsam und unabenteuerlich fährt). Da die Preise einfach zu gut sind (15 EUR pro Quad für 3h), nehmen wir eine Tour beim abgelegensten Anbieter in der Hoffnung vielleicht eine kleine Gruppe zu bekommen. Der Plan geht besser auf als Gedacht: wir sind die Einzigen und fuhren jeder auf seinem Quad unserem Führungsquad hinterher. Dieses bestand aus einem 13 Jahre alten Jungen der fahren durfte und einem Mittdreißiger, der ab und an in gebrochenem Englisch etwas an unseren Haltepunkten erklärte. Die Quads waren in labilem Zustand, aber egal, Gas und Lenkung ging, mehr braucht´s ja nicht. Für Franzi war es das erste Mal – die Einführung lief folgender maßen: „linke Hand bremsen, rechte Hand Gas geben – alles klar, los geht’s“. Thomas hingegen wollte Action (er ist schon öfter mit einem Quad gefahren) und vermutlich, weil wir allein waren, bekam er auch seine Tour durch parcourartige Hügel. Am Ende waren wir super verstaubt und super glücklich, die Fahrt hatte echt Spaß gemacht und Franzi hatte sich in der Zeit vom ängstlichen Anfänger zum Rowdy entwickelt.

Am Abend gab es dann Gözleme in Göreme (was für ein Wortspiel) – leckere Blätterteigtaschen einmal mit Käse und einmal mit Kartoffelmasse gefüllt.

Den „Haussberg“ von Göreme schauen wir uns nur kurz von außen an bevor es weiter geht. Auch bei der Weiterfahrt entdecken wir noch lustige Steinformationen am Wegesrand, können un aber nicht mehr wirklich für diese begeistern.

In der Provinzhauptstadt Kayseri schlendern wir über den Basar und werden oft gegrüßt – Touristen sind hier eine Seltenheit – doch am Ende will man uns immer einen Teppich verkaufen und kann nicht verstehen, dass wir keinen brauchen. Ansonsten suchen wir vergeblich nach einer Altstadt und verlassen die Stadt nach kurzer Zeit, da wir diese nicht finden konnten.

Langsam fahren wir vom Flachland in die Berge auf über 2000m: auf den Bergspitzen liegt noch Schnee und wir freuen uns seit langem einmal wieder durch Waldgebiete zu fahren.

Vor uns liegen noch Abenteuer in der Natur, doch zuvor müssen wir noch die iranische Botschaft in Erzurum bewältigen.

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