Yukatan – von Maya-Ruinen, Massentourismus und blauem Meer

29.11.2017 – Wir haben es wieder ans Meer geschafft und die Nächte sind wieder deutlich wärmer. Schliefen wir in den Bergen noch dick in Decken eingemummelt, kann man hier fast ohne schlafen. Auch die Tage lassen nichts davon merken, dass es doch eigentlich November ist – aber fürs Baden ist das ja wunderbar.

Auf der Küstenstraße hatten wir unsere erste negative Begegnung mit der Polizei. Wir wurden von einem parkenden Streifenwagen an die Seite gewunken, Thomas war der Fahrer und sprach mit den Beamten nur Englisch – denn bisher haben sie uns dadurch meist einfach vorbei gewunken. Diesmal musste Thomas aussteigen und ein Beamter erklärte ihm in bruchstückhaftem Englisch dass die Polizei ein Foto gemacht habe wie wir zu schnell gefahren sind. Und zwar seien wir auf einer Brücke, die ca. 5km hinter uns lag mit 50km/h gefahren (bei erlaubten 20 km/h). So weit so gut, kann sein, ist aber eher unwahrscheinlich, da wir die Letzten in einer Reihe Autos waren und alle wegen einer Baustelle relativ langsam gefahren sind. Zudem kommt hinzu, dass wir danach mehrere Stunden am Strand waren. Jedenfalls hieß es, wir müssten die Strafen jetzt sofort zahlen oder der Führerschein würde entzogen. Thomas, weiterhin nur Englisch redend meinte er würde gern das Foto sehen – das sei nur auf der Wache, meinte der Polizist – kein Problem dann fahren wir mit auf die Wache. Jetzt redete der Beamte auf Spanisch mit seinem Kollegen, der währenddessen unser Auto durchstöbert hatte und sagt zu ihm (auf Spanisch, denn er weiß ja nicht dass wir doch ein bisschen Spanisch können): „Mist, der will das Foto sehen“. Das Ende der Geschichte: „Okay, Sie können weiterfahren“. Zudem haben wir jetzt unsere Dokumente als Kopie bereitliegen, da wir schon andere Geschichten gehört haben und somit nicht unsere Originale rausgeben müssen. Klar man weiß natürlich dass es in Mexiko auch korrupte Polizisten gibt, aber wenn man es selbst erlebt, fühlt man sich schon irgendwie unsicherer.

Wir fahren nach Campeche: ein kleines buntes Hafenstädtchen dessen einstiege Schutzmauer und Bastionen teils noch erhalten sind. Die Häuser sind alle bunt angemalt, aber schon wenige Meter außerhalb des Stadtkerns bröckeln die meisten Fassaden. Auf den Straßen tummeln sich viele Touristen und dementsprechend viele Händler mit diversem Kunsthandwerk preisen ihre Waren an – selbst in einem alten Kirchengebäude haben sie sich niedergelassen.

In Merida angekommen hatten wir seit langem mal wieder einen regnerischen Tag. Die Innenstadt scheint keine freien Parkplätze zu haben: alle Straßen haben einen gelb angemalten Bordstein – die Einheimischen scheint das nicht zu stören, oder sie kennen noch ein paar Ausnahmen der Verkehrsregeln, wir jedenfalls nehmen am Ende einen bewachten Parkplatz.

Im Palacio de Gobierno befinden sich Wandmalereien sowie Gemälde aus den 1970er Jahren eines aus Campeche stammenden Künstlers. Sie zeigen verschiedene Themen der Geschichte die die Halbinsel einst und auch noch heute prägen. In der Casa Montejo kann man durch hohe Räume flanieren, die mit antiken europäischen Möbeln ausgestattet sind und einst der Wohnsitz der Konquistadores waren. Die Kirche überraschte uns durch ihre Schlichtheit – was jedoch nicht so gewollt war sondern der Prunk wurde einst durch wütende Bauern zerstört.

Auf der Halbinsel Yukatan gibt es in großer Anzahl Cenoten: einstige Höhlen gefüllt mit Süßwasser, deren Decken teilweise eingestürzt sind – so kommt nun Sonnenlicht und Vegetation hinein und verspricht nun dem dahin schmerzenden Touristen eine kühlende Erfrischung. Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz kamen wir zur Cenote Subterraneo – diese ließen einen kostenlos übernachten, wenn man die Cenote besuchen würde und das war ein super Angebot. Die Cenote entpuppte sich jedoch in unseren Augen eher als eine Höhler – toll war es trotzdem. Sie lag ca. 10m unter der Erde und war nur am Anfang durch Deckenstrahler erhellt, das Ende der Höhle lag im Dunkel. Es war feucht warm und von der Decke tropfte es beständig, kleinere Stalaktiten und glitzernde Wassertropfen gaben dem ganzen einen exotischen Anblick. Die Cenote hatten wir ganz für uns allein, ein paar lustige, durch lange Fühler an die Dunkelheit angepasste Fische gab es noch.

Weiter ging es zur berühmten Maya-Ruinenstätte Chichen Itza, die wesentlich belebter war als geglaubt: mit großen und kleinen Bussen wurden die Touristen en masse angekarrt und wir mussten jeweils vor dem Parkplatz und vor dem Ticketverkauf eine ganze Weile warten. Das Zentrum der Anlage bildet eine große Tragfläche in deren Zentrum sich die Pyramide des Kukulkán erhebt. Die Terrassen, Treppen und Stufen bilden im Zusammenspiel einen Kalender der Maya. Leider war der Aufstieg auf die Pyramide verboten (früher ging das) – auch die weiteren Gebäude im Gelände konnte man leider nur von außen betrachten. Neben verschiedenen Tempeln gab es auch die Gebäudegruppe der Tausend Säulen – so viele waren es nicht ganz, aber es stand doch eine beeindruckende Anzahl an Säulen rum.

Insgesamt konnte man hier bei genauem Hinsehen an den verschiedenen Ruinen viele Steinmetzarbeiten wie geometrische Formen, Tiere und auch Menschen erkennen – das gab dem Ganzen aus unserer Sicht eine größere Aussagekraft als „nur Steine“ und faszinierte uns sehr. Neben den vielen Touristen tummelten sich Leguane auf dem Gelände – ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Es gab auch wieder unzählige Händler, doch dieses Mal liefen sie nicht wild umher sondern hatten Stände an den einzelnen Wegen und man konnte Ihnen so gut aus dem Weg gehen. Lustig war dass die Preise die sie auf Englisch und in US-Dollar nannten oft deutlich höher waren als die die sie auf Spanisch anpreisen. Vielleicht ein Grund Spanisch zu lernen? Wobei, das meiste war eh Krempel.

Auf dem Gelände befinden sich mehrere Anlagen für den rituellen Ballsport der Maya – Pelota. Das Juego de Pelota könnte man sogar als eine Art Stadion bezeichnen, das ca. 145m lange und 37m breite Spielfeld ist durch hohe Mauern eingefasst, die vielleicht auch als Tribüne dienten. Anders als beim Fußball darf der Ball jedoch nicht mit dem Fuß geschossen werden sondern muss am Ende, z.B. mit der Hüfte, durch einen Steinring in 7,25m Höhe gebracht werden: wie das genau funktionieren soll ist uns schleierhaft – Basketball ist da ein Witz dagegen.

Wir erreichen die besonders bei US-Amerikanern beliebte Massentourismus-Stadt Cancun an der überlaufenen Ost-Küste der Halbinsel am Wochenende und haben Probleme einen Parkplatz zu finden: alle Stadt-Strände sind durch die Lokalbevölkerung belegt, aber irgendwann haben wir Glück und können uns auch noch in das leuchtend blaue Wasser stürzen. Zwischen all den Luxushotel, Bach-Resorts und Co. kam wir uns dennoch ziemlich deplatziert vor. Ohnehin waren eigentlich fast alle Strände zugebaut, nur wenige für die Öffentlichkeit erreichbar.
Am nächsten Morgen werden wir jedoch etwas rüde von einem Parkplatzwächter vertrieben. Dieser hat zwar eigentlich offiziell nichts zu sagen – es gibt diese Leute auch oft bei Supermärkten, sie pfeifen wild und wedeln mit Tüchern und tun so als würden sie beim Ein- oder Auspacken helfen und hoffen auf ein Trinkgeld – jedenfalls dieser hier hatte wohl einen Napoleonkomplex und ein lautes Stimmorgan und wir fuhren einfach weiter. Es ging zum nächsten wunderschönen Strand, diesmal ein wesentlich Einsamerer mit „Parkplatz“ direkt am Meer auf Sand. Beim Wegfahren am nächsten Morgen wurde dieser uns jedoch zum Verhängnis: wir kamen nur ein Stück wieder rückwärts raus, steckten anschließend in sehr tiefem Sand fest und auch mit der Hilfe einiger Männer die in der nähe gedämpft hatten war es nicht möglich das Auto zu bewegen. Also war die Zeit gekommen unsere Seilwinde das erste Mal einzusetzen – Seil um eine Palme geschlungen und los geht’s – das klappte richtig gut und innerhalb weniger Minuten waren wir wieder auf der festen Straße. Wir haben eine Seilwinde, die man sowohl vorn als auch hinten am Auto befestigen kann – ergo auch sich in beide Richtungen rausziehen – da wir sie aber vor Dreck und Diebstahl schützen wollen ist sie im Inneren des Autos verstaut: es dauert also länger sie auf und abzubauen als der eigentlich Akt des Rausziehens.

Selbst ist der Weltreisende und getreu diesem Motto war es an der Zeit den Dieselfilter zu wechseln. In Deutschland macht man das ja eigentlich nicht so oft, weil unsere Kraftstoffe eine gute Qualität haben und der Filter dadurch nicht so schnell verstopft. Hier in Mexiko (aber in den USA eigentlich auch schon) ist der Diesel deutlich unreine. Diesel-Cleaner, ein Zusatzstoff den man in den Tank kippt, hilft da ganz gut und natürlich den Filter öfter als gewohnt zu tauschen- Thomas hatte beim letzten Wechsel in Deutschland in der Werkstatt mitmachen dürfen und wusste wie es geht, aber falls es doch nicht so klappen sollte stellten wir uns strategisch an eine Tankstelle – da käme Hilfe im Notfall vielleicht am besten hin. Es klappte soweit alles ganz gut, bis auf dass die manuelle Pumpvorrichtung die dazu da ist um den Filter wieder zu füllen damit die Dieselpumpe bei ersten Start nicht so viel leiern muss nicht funktionierte – aber das lösten wir indem wir einfach händisch mit einem kleinen Becherchen Diesel einfüllten. Da das Auto seither ohne Probleme läuft scheint alles funktioniert zu haben.
Wir fahren weiter südlich die sogenannte Riviera-Maya entlang, einen mit Touristenburgen zugestellten, aber von den Stränden her sehr schönen Küstenabschnitt.

So auch der Strand von Akumal – zugestellt von Hotelanlagen und selbst im November zieht das klare Meerwasser scharenweise Touristen an – ein Ort den wir normalerweise meiden würden, aber die Bucht hat noch mehr zu bieten: Wasserschildkröten. Natürlich bestens zu Geld gemacht mit extra Bereichen in denen man nur mit einem Guide schwimmen kann war es uns vergönnt im „kostenlosen Bereich“ auch eine Schildkröte im Meer zu erblicken. Das Tier lies sich nicht aus der Ruhe bringen und aß unter den begeisterten Blicken der Schnorchler friedlich am Meeresboden. Auch ansonsten war die Vielfalt im Wasser wirklich sehenswert, kleine Korallenbänke waren von zahlreichen Fischen umgeben und das alles nur wenige Meter vom Strand entfernt.

Beliebte Touristengegenden machen sich stark bemerkbar an Preisen, z.B. bei Eintrittsgeldern: wir wollten eigentlich nochmal in eine richtige Cenote, fanden aber alle überteuert. Schließlich fanden wir in einem Dorf eine recht kleine, aber kostenlose Cenote die anscheinend sonst nur die Bewohner aufsuchen. Der Boden zeigte deutliche Spuren von seinem einstigen Meeresleben, das Wasser war glasklar und in ihm schwammen winzige Fische. Von den Seiten wuchsen die Wurzeln großer Bäume bis an das Wasser heran und dazwischen stand dichtes Gras. Nach dem warmem Meerwasser war das Wasser der Cenote wirklich erfrischend, aber leider lebten hier auch tausende Mücken und wir blieben dementsprechend nur kurz.

Die Ruinenstätte Tulum ist die bisher einzig bekannte Festungsstadt der Maya die am Meer liegt. Die Ruinen liegen auf der höchsten Klippe der Umgebung und sind landwärts durch eine Mauer geschützt. Von unserem Übernachtungsplatz: ein Zugangsweg zum Meer, konnten wir super zu den Ruinen laufen und ersparten uns so die hohen Parkgebühren. Beim Ticketstand erwarteten uns ein paar drollige Tiere – so eine Art mexikanischer Waschbär – die Tiere hofften wohl auf ein paar Essensreste. Der Weg zu den Ruinen verlief durch grüne Palmen und war angenehm schattige ä lief man jedoch erst einmal durch den Eingang der Außenmauer zum Ruinenbereich schien auch schon am Morgen die kräftig die Sonne. Die verschiedenen Touristengruppen konnte man an unterschiedlichen Sonnenschirmen erkennen, es waren auffallend viele Deutschsprachige unterwegs. Die Ruinen selbst waren meist großläufig abgezäunt und die Anlage für sich relativ klein, sodass wir doch recht schnell alles gesehen hatten. Positiv aufgefallen war uns hier das Fehlen von Händlern – nirgends wurde Firlefanz angeboten – nur vor den Toren gab es einen Eisverkäufer und bei diesem gönnten wir uns auch ein Stück Meloneneins (gefrorene Melone).

Auf dem Weg zur Grenze zu Belize machen wir noch einen Zwischenstopp an der Lagune Bacalar: diese hat unglaublich schönes klares Wasser, aber anscheinend keinen öffentlichen Zugang – nur über Privatgrundstücke und welche wo man nicht weiß ob man da eigentlich sein darf. So halten wir uns nicht länger als eine Nacht an diesem See auf und fahren weiter ins nächste Land auf unserer Reise.

 

Wir sind nun ca. fünf Wochen lang einmal quer durch Mexiko gereist und können vielleicht zum Abschluss einen Eindruck vermitteln „wie Mexiko denn so ist“. Die allermeisten US-Amerikaner die wir unterwegs trafen waren schockiert, dass wir nach Mexiko fahren – dort sei es gefährlich, alle Verbrecher kommen von dort her, etc. – sicher nicht ganz ungewollt auch die Meinung des aktuellen Präsidenten. Natürlich waren nur die Wenigsten die uns vor dem Land warnten je dort gewesen. Mexiko ist ein armes Land – offiziell ein Schwellenland, aber vielfach sahen wir die Armut, die Länder der Dritten Welt charakterisieren: die Häuser baufällig, die Straßen marode und vielfach nicht mal asphaltiert, der Müll wird einfach im Garten verbrannt, daneben spielen die Kinder und trocknet die Wäsche.

Arbeitskraft ist billig – billiger als Maschinen. Und so wird das Gras am Straßenrand nicht etwa per Motorsense oder gar einem Spezialfahrzeuge gemäht, sondern da läuft eine Truppe von 10 Mexikanern mit Macheten entlang und haut alles kurz und klein. Eine funkgesteuerte Baustellenampel oder ein elektronisches Warnschild bei Bauarbeiten? Hier stehen vier Mexikaner und wedeln wild mit irgendwelchen Flaggen umher. Eine Brücke wurde von einer Flut weggespült? Neue Brücke ist zu teuer, da wird per Hand (selten auch per Bagger) eine Rampe ins trockene Flusstal gegraben und auf der anderen Seite wieder hoch oder man schüttet eine Art Damm auf, der bis zur nächsten Flut hält – funktioniert natürlich, trägt aber nicht gerade zu einem zügigen Vorankommen bei.
Ähnlich wie bei uns die südosteuropäischen Staaten, nehmen die Mexikaner Alles was in Amerika nicht mehr gebraucht wird – ob alter Kühlschrank, altes Auto und sogar die abgefahrenen Reifen – alles lebt in Mexiko noch ein paar Jahrzehnte weiter. Autos ohne Motorhaube, ohne Tür, keine Lichter, Reifen ohne Profil, die Heckschürze fehlt oder die Achse ist verzogen – kein Ding, fährt doch noch. Die Straßenränder sind oft voller Müll, auf das Äußere wird kein Wert gelegt, man lebt in Müll und Unordnung. Ein ganz anderes Bild bieten die Touristengegenden – hier ist alles sauber und aufgeräumt, die Straßen gut, die Touris werden in nagelneuen Bussen gefahren, man erkennt das Land kaum wieder. Bis man dann zwei Straßen weiter geht und das wahre Mexiko wieder sieht. Und eigentlich ist das schöner – denn es ist authentisch.
Von korrupter Polizei haben wir ja schon berichtet und auch davon, dass das Land mit starken Militär-und Polizeikontrollen versucht den Drogenschmuggel in den Griff zu bekommen. Doch die Kartelle sind stark, haben teilweise Polizisten auf ihrer Seite und ganze Städte unter ihrer Kontrolle. Davon bekommt man als Tourist aber nichts mit – höchstens wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist.

Und dann sind da die Menschen in Mexiko – sicher auch ein paar der beschriebene Gauner dabei, aber was wir erlebt haben waren fast ausschließlich herzliche, freundliche, lebensfrohe Menschen. Wo Regeln nicht unbedingt befolgt werden, aber trotzdem alles gut geht. Vom geschenkten Surfboard, der Fahrt quer durch Tijuana zur nächsten Grenze, der Hilfe in der Werkstatt, dem Freibuddeln des Autos am Strand, von der Einladung zum Abendessen und Übernachten, von „ich fahr euch grad zum Busbahnhof“, der Frau in der Wäscherei die dir hilft die Wäsche zusammenzulegen und dem ein oder anderen gratis Cerveza oder Bündel Bananen. Alles herzliche und liebe Menschen die unseren Aufenthalt bereichert haben – Danke an alle die wir kennenlernen durften.

Nicht unerwähnt sollte aber bei all den lieben Menschen auch bleiben, dass Mexiko schon unsicherer ist als beispielsweise die USA oder Kanada. Ein bisschen gesunden Menschenverstand beim Parken des Fahrzeugs und beim Verhalten in Menschenmengen muss man schon an den Tag legen – wobei man das genauso in Rom oder New York muss – aber das sollte keinen davon abhalten Mexiko zu bereisen und zu erleben.

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